Erfolgreicher Start für neuen Nachtzug nach Berlin: Fast alle Plätze ausverkauft

Schlafwagen und Nachtexpress waren einst das Symbol für Reiseluxus. Doch nach der Jahrtausendwende verschwanden sie fast gänzlich aus den Fahrplänen. Jetzt erlebt der Nachtzug eine Renaissance.

Historischer Schlafwagen Der Nachtzug feiert eine Renaissance (Erich Westendarp /Pixelio.de
Historischer Schlafwagen Der Nachtzug feiert eine Renaissance (Erich Westendarp /Pixelio.de)

Sie waren einst die Fürsten der Schiene – der Orient-Express von Paris nach Konstantinopel, der City of New Orleans von Chicago nach New Orleans oder der Tain bleu zwischen Calais und Ventimiglia. Doch mit dem Siegeszug der Luftfahrt erlebte die Schlafwagenkultur einen schleichenden Niedergang.

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Nach dem Fall der Mauer kam der Nachtzug zwar wieder kurz in Mode. Doch dann verschwand er fast gänzlich aus den Fahrplänen. Die Deutsche Bahn stellte im Jahr 2016 alle Nachtzüge ein. Den unter jungen Leuten beliebten City Night Line Perseus zwischen Paris und Berlin hatte die Bahn schon Ende 2014 eingestellt. Zum Glück übernahm Österreichs ÖBB einige Strecken.

Der Markt hat’s gegeben, der Markt hat’s genommen

Ausgerechnet auf der Klimakonferenz in Paris 2015 hatte es der seinerzeitige Bahnvorstand Ronald Profalla es sich nicht nehmen lassen, den Ausstieg damit zu begründen, dass Nachtzüge “total unwirtschaftlich” seien.

Doch jetzt dreht sich das Blatt. Jüngste Erfolgsmeldung von der Schlafwagenfront: Der European Sleeper zwischen Berlin und Brüssel war schon lange vor seinem Start am 25. Mai für die ersten Tage so gut wie ausgebucht. Besonders erfreulich: Vor allem die teuren Schlafwagen sind begehrt.

Denn wer früh und für wenig gesuchte Zeiten bucht, kann mit ein bisschen Glück ein Einzelbett-Schlafwagenticket schon ab 159 Euro erhalten. Sitzplätze gibt es sogar ab 49 Euro. Die Doppelsuite, bei der zwei Schlafwagenabteile kombiniert werden, kostet allerdings 549 Euro. Dort können jedoch Gruppen bis zu sechs Personen nächtigen.

Der Nachtzug wird profitables Geschäft

European Sleeper ist vor zwei Jahren aus einem Zusammenschluss eines belgischen und eines niederländischen Startups entstanden. Offensichtlich lohnt sich das Geschäft mit dem kombinierten Schlafen und Reisen wieder. Der Berliner Zeitung sagte Chris Engelsmann, Geschäftsführer von European Sleeper: “Wir erwarten auf jeden Fall ein profitables Geschäft.” Das Startup mit Sitz in Amsterdam arbeitet mit verschiedenen Zulieferen zusammen. Lokomotive und Wagen kommen von unterschiedlichen Unternehmen, der Großteil von der Gesellschaft für Fahrzeugtechnik aus Craislheim. Auch den Zugbetrieb gewährleisten verschiedene Firmen.

Traurig: Dem Startup fehlt es an Schlafwagen. Der private Nachtzugbetreiber aus Benelux leidet unter der jahrelangen Vernachlässigung des Schlafwagengeschäftes durch die großen, oft staatlichen Bahnunternehmen. Für die vielen neu entstehenden Nachtzugverbindungen stehen nicht genug gebrauchte Schlafwagen zu Verfügung. Nicht nur European Sleeper leidet unter der Knappheit an Schlafwagen. So soll auch der ÖBB-Nightjet Paris-Wien Wochen im Voraus ausgebucht ein, obgleich Österreichs Staatsbahn sich über Jahrzehnte dem Trend zum Ausstieg aus dem Nachtzug-Geschäft widersetzt hatte.

Doch es ist nicht allein der Mangel an rollendem Material, der Reisen mit dem Schlafwagen gelegentlich zum Abenteuer macht. Widersprüchliche Angaben zu Abfahrts- und Ankunftszeiten, Wirrwarr bei den den Zugnummern gehören zu den Überraschungen, auf die Reisende gefasst sein sollten. So geriet der Start der Nachtzugverbindung Berlin-Stockholm, betrieben von der schwedischen SJ, Anfang April, wegen nicht zutreffenden Angaben der Abfahrtszeiten zu einem Fiasko. Aber allem Anfang wohnt nicht nur ein Zauber inne, er ist oft auch schwer. Für Eisenbahnfans und -normalnutzer bleibt folglich nur zu hoffen, dass sich im neu erblühten Nachtzugbetrieb bald Routine einschleicht.

Mehr: Berliner Zeitung

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