Netz hält gleichzeitiges Laden mehrerer Stromer locker aus

Geht das Stromnetz in die Knie, wenn in einer Straße mehrere E-Autos laden? Der Netzbetreiber Netze BW wollte es genau wissen und testete ein halbes Jahr in einer Allgäu-Kleinstadt die Belastungen für das örtliche Netz.

Wangen im Allgäu Was passiert, wenn mehrere Stromer in einer Kleinstadtstraße auf einmal laden? (Foto: NetzeBW)

Stromer-Feinde bemühen das Argument immer wieder: Wenn in einer Straße oder Siedlung zu viele Familien ein E-Auto betreiben, kommt es im Netzabschnitt alle paar Nächte zum Zusammenbruch. Die Leitungen seien halt nur für Beleuchtung und für gelegentliche Nutzung der Backröhre ausgelegt und nicht für die E-Mobilität. Es geht einfach nicht, heißt immer wieder.

Nach sechs Monaten Praxistest in einer Wohnstraße wissen wir, dass es doch geht. Ohne Stromausfall! In der Maria-Knöpfler-Straße im idyllischen Allgäu-Städtchen Wangen haben es acht Familien ausprobiert. Sie nutzten ein halbes Jahr nur die E-Autos, die ihnen die Netze BW im Rahmen des Projekts “NETZlabor Intelligentes Heimladen“ zur Verfügung gestellt hatte. Überraschendes Ergebnis: Während des Projektes wurde eine maximale Gleichzeitigkeit von nur 50 Prozent verzeichnet; bis zu vier der acht Autos haben also zur gleichen Zeit geladen.

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Klammheimliche Steuerung

Die durchschnittliche Ladedauer betrug etwas mehr als drei Stunden. „Wir haben vor allem in den Abendstunden und unter der Woche eine deutlich höhere Belastung des Stromnetzes festgestellt”, sagt Projektleiter Sven Zahorka. Zum Problem wurde die höhere Auslastung allerdings nie. Denn durch intelligentes Lademanagement konnte die Netzbelastung erheblich reduziert werden. Zwar wurde damit die Ladezeit häufig um rund 30 Minuten verlängert. Die Nutzer merkten davon jedoch so gut wie nichts. Denn die E-Autos standen am Morgen stets mit vollem Akku zur Verfügung. Netze BW hatte vor Beginn des Tests digitale Stromzähler mit intelligenten Steuerboxen installiert. Damit wurden die Ladevorgänge zeitlich entzerrt.

Betreiber gewinnen Zeit

Dank des intelligenten Lademanagement konnten die Lastspitzen um bis zu 48 Prozent reduziert werden. Für Netzbetreiber bedeutet das: Intelligentes Lademanagement ermöglicht, mehr Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge in ihre bestehenden Stromnetze schneller zu integrieren. BW Netze geht allerdings davon aus, dass die Netze trotzdem weiter ausgebaut werden müssen. Doch verschafft der Einsatz steuerbarer Ladetechnik den Unternehmen wertvolle Zeit.

Die Nutzer der eingesetzten E-Vehikel VW E-Golf, BMW i3 oder Tesla Model 3 legten legten im Durchschnitt 1415 Kilometer pro Monat zurück. Viele von ihnen überlegen sich nun den Umstieg auf einen Stromer. Die Projekt-Wallboxen wurden von allen vorsorglich übernommen. Man kann ja nie wissen!

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