Geht es nach einem britischen Start-up, halten Landwirte ihre Äcker künftig ganz ohne Pestizide unkrautfrei: Roboter verbruzzeln störende Pflanzen mit einem 8000-Volt-Stromstoß. Eine Studie sagt der digitalen Landwirtschaft enorme Wachstumsraten voraus.
Noch ist es ein Prototyp, der da auf einem Feld in der Grafschaft Hampshire an der Südküste Englands seinem Vernichtungswerk nachgeht. Doch sein Entwickler, Ben Scott-Robinson, Chef und Mitgründer der Small Robot Company, ist sicher, dass “Dick”, wie er den autonomen Roboter getauft hat, ein ganz neues Kapital in der langen Geschichte des Ackerbaus aufschlägt: Wo heute noch Bauern auf ihren Traktoren Furchen ziehen und Dünger ausbringen, erledigen das bald Maschinen: satelittengesteuert, hochpräzise, mit künstlicher Intelligenz – und ganz allein.
Intelligente Systeme kartieren jeden Quadratzentimeter eines Feldes
Dick markiere nur, wohin die Reise gehe, erzählt Scott-Robinson, während er bei der Vorführung in die Sonne blinzelt. Dick ist auch nicht allein. In Wirklichkeit hat der Ingenieur ein komplexes System entwickelt. Der kleine Bruder von Dick, Tom, fährt das Feld ab und scannt dabei millimetergenau dessen Oberfläche. Wo unerwünschte Kräuter wuchern, trägt er in eine Art Landkarte ein. Die Daten schickt Tom an Wilma, quasi das Hirn des Trios. Der Rechner navigiert schließlich Dick präzise zu den Stellen, wo der das Unkraut per Stromstoß verbrennt.
“Wir haben bewiesen, dass wir das hinkriegen”, sagt Scott-Robinson stolz in die Kameras. “Das ändert das ganze Spiel.”
Drohnen sammeln Daten über die Bodenbeschaffenheit
Was er meint, ist die vierte Revolution in der Landwirtschaft, Stichwort: Agrar 4.0. Drohnen, Sensoren, Satelliten sammeln Daten über Wetter, Bodenbeschaffenheit, Ertragsfähigkeit von Teilflächen – und steuern Aussaat, Düngung und Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Von allem nur so viel, wie wirklich effizient. Präzise verteilt auf jeden Quadratzentimeter. Das Versprechen dieses Precision Farming: Höhere Erträge und weniger Umweltschäden. In Scott-Robinsons Fall, weil Roboter Dick den Auftrag von Pestiziden hinfällig macht.
Natürlich kostet die Hochtechnisierung zunächst viel Geld, vor allem für viele kleine Landwirte ein Problem. Scott-Robinson beruhigt. Seine neueste Schöpfung werde anfangs in etwa so viel kosten, wie ein Bauer jährlich für die Schädlingsbekämpfung ausgebe, versichert er, ohne sich auf einen Preis festzulegen. Würde Dick erst einmal in großen Stückzahlen produziert, werde es noch billiger.
Bis 2050 verfünfzigfachen die Umsätze sich fast
Die Investmentbanker von Goldman Sachs prophezeien den Landmaschinenhersteller jetzt schon sagenhafte Wachstumsraten. Ihrer Prognose zufolge verfünfzigfachen sich die Umsätze mit digitaler Landwirtschaftstechnologie bis 2050 fast – von fünf auf 240 Milliarden US-Dollar.
Auch deutsche Forscher und Unternehmen sind längst auf den Zug aufgesprungen. Potsdamer Wissenschaftler etwa entwickeln ein Sensorsystem, das die Beschaffenheit der Krume Quadratmeter für Quadratmeter akribisch erfasst. Es soll Landwirten helfen, ihre Äcker genau dosiert mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Und einer der weltweit führenden Landtechnikanbieter der Branche, die Claas Gruppe im westfälischen Harsewinkel, liefert seine Traktoren und Mähdrescher auf Wunsch mit entsprechenden Kartierungssystemen für Bodeneigenschaften und Aussaat aus.
Mehr: Small Robot Company Guardian
Hinterlasse jetzt einen Kommentar