EWIA Green Investments, der Münchner Finanzierer von Solaranlagen in Afrika, hat gerade seine zweite Kampagne für Anleger gestartet, die in Kredite für klimafreundliche Stromerzeugung investieren wollen. Co-Gründer und Director West Africa Dr. Wolf-Dietrich Fugger schildert, weshalb er sich in Afrika engagiert.
Herr Fugger, wie und warum wurden Sie Gründer von EWIA und Unternehmer?
Mein Opa hatte ein landwirtschaftliches Unternehmen, und das Prinzip von Saat und Ernte kenne ich daher schon von Kindesbeinen an. So habe ich aus der Praxis heraus gelernt, Risiken abzuwägen, Entscheidungen zu treffen, Neues zu säen und Verantwortung zu übernehmen.
Nach diversen wissenschaftlichen Tätigkeiten war bin ich am Forschungszentrum Jülich im Bereich Technikfolgenabschätzung tätig gewesen und habe Chancen- und Risikoabschätzungen für neue Technologien für Investoren durchgeführt, die in Startups investieren wollten. In dieser Zeit habe ich viele neue Geschäftsideen und bahnbrechende Technologien kennen gelernt und die Chancen, die sich daraus ergeben, die mich inspiriert haben.
Ist EWIA Ihre erste Gründung?
Nein, auf meinem bisherigen Lebensweg war ich über viele Jahre lang unter anderem im Bereich Unternehmensfinanzeirung (Corporate Finance) und – übernahmen (M&A) unternehmerisch tätig. Gleichzeitig habe ich in den letzten zehn Jahren auch immer wieder nach Businessmöglichkeiten – keine Wohltätigkeiten – in Ghana gesucht unter anderem in den Bereichen Agrar, Solar- und Rohstoffe, um noch einmal etwas Anderes und Sinnvolles zu tun.
Welches Problem möchten Sie mit EWIA in allererster Linie lösen?
Ein Leben ohne Strom ist für uns in Deutschland undenkbar. Für viele Länder Afrikas und die dort lebenden Menschen sind Stromausfälle – auch heute noch – aber leider nichts Besonderes. So hat selbst Südafrika aktuell in fast allen Großstädten sehr große hausgemachte Probleme mit der Stromversorgung, was zum sogenannten Load Shedding führt, wie dort die geplante und teilweise auch ungeplante stundenlange Strom-Abschaltung genannt wird. Das sind Blackouts, die ganze Regionen oder Stadtteile bis zu elf Stunden lang in Dunkelheit versetzen. Darüber hinaus sind viele Regionen Afrikas noch nicht einmal elektrifiziert.
Der Energiesektor in Ghana zeichent sich seit 1990er Jahren durch immer wiederkehrende Problememit dem Stromnetz, langanhaltende Stromausfällen, sehr hohe Stromkosten und die Nutzung teurer wie umweltschädlicher Dieselgeneratoren aus. Da hat sich ein Engagement mehr oder weniger von selbst aufgedrängt.
EWIA fokussiert sich auf Afrika. Woher kommt Ihre Begeisterung für den Kontinent?
Schon als Kind hat mich Afrika und das Fremde dort fasziniert. Heute faszinieren mich insbesondere die vielen und extremen Kontraste und die Lebensfreude, die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen trotz all ihrer Herausforderungen sowie die bunte, hektische und immer laute Betriebsamkeit auf den Straßen.
Bereits von 1993 bis 1996 war ich für die Universität Göttingen in einem großen Forschungsverbund verschiedener Universitäten in Nordghana tätig. In meinem Projekt zur Messung der Nachhaltigkeit der lokalen bäuerlichen Anbausysteme und deren sozio-ökonomische Auswirkungen hatte ich im Team in Ghana circa 50 Mitarbeiter, von Laborassistenten, Feld-Technikern, Fahrer, Vorarbeiter bis hin zu den Feldarbeitern. Damit war ich einer der größten Arbeitgeber in dieser ländlichen Gegend in Nordghana und vom Wissenschaftler zum Manager geworden.
Während meiner Tätigkeit habe ich ja meine Frau kennengelernt. Familiäre Beziehungen, Freundschaften und Kontakte in die Wirtschaft und in die Politik in Ghana wurden seither über die Jahre stets von mir gepflegt. So ist Ghana bis heute meine zweite Heimat geworden. Aber auch hier in Deutschland habe ich seither ein Stück Afrika zu Hause.
Ich kenne heute viele Länder und Ihre Kulturen in Westafrika und war auch mehrere Monate in Madagaskar in Ostafrika als Consultant tätig.
Was kann Europa von Afrika lernen?
Europa ist nicht der Nabel der Welt! Im Gegenteil, Europa muss sich in einer neuen Weltordnung seinen Platz jetzt neu suchen, auch und insbesondere in Afrika.
Europa braucht Afrika! Afrika ist der Kontinent des Aufbruchs, des rasanten Wachstums und des Wandels & der Transformation. Wenn wir in Europa über die Zukunft der Weltwirtschaft nachdenken, sollten wir daher unseren Blick auf Afrika richten! Sowohl politisch als auch wirtschaftlich ist Afrika für Europa von entscheidender Bedeutung. Dabei ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe angebracht, um enge und stabile Beziehungen aufzubauen und die sich bietenden Potenziale gemeinsam mit den afrikanischen Partnern zu erschließen. Denn die afrikanischen Staaten treten heute sehr selbstbewusst auf und suchen sich ihre Partner selbst aus. Die Menschen in Afrika sind dabei sehr offen für Kooperationen mit Europa und insbesondere mit Deutschland!
Wenn Sie nicht bei EWIA arbeiten würden, wo dann?
Dies ist eine hypothetische Frage und stellt sich mir eigentlich nicht. Aller Voraussicht nach hätte ich als Unternehmer mit der Vision in Afrika noch etwas aufzubauen, wahrscheinlich mit passenden Partnern ein anderes Impact-Unternehmen gegründet oder mich an einem solchen beteiligt
Gibt es für Sie unternehmerische Vorbilder in Afrika?
Ja, es sind dies Unternehmer mit Herzblut, Risikobereitschaft, hoher sozialer Kompetenz und Verantwortung. Einer von ihnen ist Mo Ibrahim, aus dem Sudan stammend, der afrikanische Pionier der Telekommunikationsindustrie in Afrika und Gründer einer Stiftung, die sich den Themen Governance und Leadership widmet.
Welches Buch hat Sie am meisten geprägt und welches ist das letzte Buch, das Sie gelesen haben?
Die Bibel, als Alltagsratgeber in allen Bereichen, ich lese jeden Morgen darin im Rahmen meiner Morgenroutine und Andachten, um mich für den Tag auszurichten.
ein überzeugendes Interview.
Kompetenz und Wissen gepaart mit der Liebe zu Ghana. So könnten wir die Welt verändern durch Hingabe, Kooperation und Stärkung der regionalen Strukturen.