Gerade erst hatte die Region gefeiert, dass Solaranlagen fünf Stunden lang komplett den Strombedarf deckten. Ein umgestürzter Strommast erzwingt jetzt die Abschaltung.
Wie fragil Stromnetze auf Störungen reagieren, und welch drastische Maßnahmen beispielsweise für Solaranlagen dann notwendig werden, um einen Ausfall zu vermeiden, zeigt sich aktuell in Südaustralien. Ein heftiger Sturm warf einen zentralen Hochspannungsmast um. Fortan war die Region um die Hauptstadt Adelaide vom restlichen Elektrizitätsnetz Australiens abgeschnitten. Es folgte eine Kaskade von Notabschaltungen, um einen Blackout wegen der Überlastung der Leitungen zu verhindern.
Zwangspause für die Solaranlagen
Bis der Anschluss ans landesweite Netz wieder hergestellt ist, versuchen die Ingenieure des Netzbetreibers seither mit allerlei Eingriffen und Appellen Produktion und Abnahme des Stroms auszugleichen, damit es nicht zu Kurzschlüssen kommt (siehe auch das Video des TV-Senders 9News unten). Dazu gehört die möglichst komplette Abschaltung der vielen solaren Dachkraftwerke, die im momentanen Sommer auf der Südhalbkugel mittags bis zu 2500 Megawatt (MW) einspeisen. Das entspricht in etwa der Leistung von fünf mittelgroßen Kohlekraftblöcken.
Das Problem: Der viele Strom übersteigt mitunter deutlich den örtlichen Bedarf. Der Überschuss kann aber bis zum Ende der Reparatur nicht in andere Landesteile abgeleitet werden. Deshalb die solare Zwangspause. Da der landesweite Übertragungs-Netzbetreiber AEMO aber nur auf etwa die Hälfte der Photovoltaikmodule direkt zugreifen kann, ist er auf die Mitwirkung der Anlagenbetreiber angewiesen.
Netzbetreiber betteln: „Bitte nehmt uns Strom ab“!
Um auf Nummer sicher zu gehen, fährt AEMO derzeit tagsüber für mehrere Stunden das größte Gaskraftwerk runter und lässt etliche Dieselgeneratoren pausieren. Zugleich fordert der Operator Verbraucher und Industrie auf, in dieser Zeit große Mengen Strom abzunehmen. „Bitte gebt uns möglichst viel Last“, betteln die Netzmanager darum, Maschinen und Klimageräte auf Volllast zu fahren.
Wenige Woche vor dem Strommastbruch hatte sich das Unternehmen SA Power Networks, das den Strom in Südaustralien vor Ort verteilt, noch einen Meilenstein gefeiert: Erstmals deckten Solaranlagen für mehrere Stunden die gesamte Nachfrage.
Gefährdet zu viel Solarstrom die Netzstabilität?
Zeigt sich jetzt die Kehrseite des Solarbooms? Sind die dezentralen Sonnenkraftwerke ein schwierig kalkulierbares Risiko für die Netzstabilität?
Nicht per se, sagen Experten. Doch aus dem Vorfall müssten die richtigen Lehren gezogen werden, sagen sie. So fordert der Übertragungs-Netzbetreiber AEMO schon länger Zugriff auf die Wechselrichter aller Solaranlagen, um den Zufluss in die Netze besser „orchestrieren“ zu können. Zudem müssen mehr Hochspannungsleitungen zum landesweiten Stromaustausch vorhanden sein als nur eine wie in Südaustralien. Und wenn der überschüssige Strom Großbatterien füllen könnte für Zeiten schwachen Angebots, wäre das ebenfalls ein wichtiger Beitrag für die Netzstabilität.
Die richtigen Lehren ziehen
Die Lehren sollte auch Deutschland beherzigen, wo der Stromnetzausbau seit langem stockt. Dann bräuchten hiesige Stadtwerke nicht vor der Gefahr eines Blackouts zu warnen. Für den Fall, dass diesen Winter zu viele Haushalte die massenhaft angeschafften Heizlüfter an kalten Tagen auf einen Schlag anknipsen.
Einem solchen GAU vorbeugen, würde auch die Ertüchtigung der Netze mit intelligenter Software. Diese würde bei Überlastungen einzelne Verbrauchergruppen abregeln, die kurzfristig ohne größere Schäden unversorgt bleiben können.
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