Ein französisches Gesetz schreibt Filter für Mikroplastik vor. So gut sicher ist: Die EU-Kommission wird mit einer „Lex Waschmaschine“ den Franzosen folgen. Zu Recht!
Denn die zunehmende Verseuchung der Umwelt durch Mikroplastik stammt auch aus der Waschmaschine. Eine Wäsche mit einem Kilogramm Polyester-Shirts verursacht etwa 20 Milligramm (0,2 Gramm) Mikroplastik-Abrieb. Der landet heute in aller Regel ungefiltert im Abwasser. Dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) zufolge geraten so jährlich rund 200 Tonnen Mikroplastik in deutsche Abwässer. Immerhin rangiert die Waschmaschine einer Fraunhofer-Studie zufolge unter den Mikroplastik-Quellen an zehnter Stelle. Im Vergleich zum Reifenabrieb (Platz 1 im Fraunhofer-Ranking), auf den stolze hunderttausend Tonnen entfallen, ist das zwar wenig.
Doch es wäre einfach, diese Teilchen aus dem Waschabwasser heraus zu filtern. Deshalb haben sich Frankreichs Politiker mit dem neuen Gesetz leicht getan. Dem loi AGEC Anti-Gaspillage et Economie Circulaire zufolge, auf Deutsch etwa: Gesetz gegen Verschwendung und für Kreislaufwirtschaft, müssen neue Waschmaschinen ab dem 1. Januar 2025 über Filter verfügen, die Mikroplastik auffangen. Kenner der europäischen Politlandschaft gehen davon aus, das schon bald weitere Länder dem Beispiel Frankreichs folgen werden. Bis dann die EU-Insitiutionen die französische Verordnung weitgehend übernehmen, dürfte nicht allzu lange dauern.
Keine technische Herausforderung
Frankreich ist das erste Land auf der Welt, das diese Regel einführt. Im Februar noch hatte die Staatssekretärin Brune Poirson die Hausgerätehersteller zu einem runden Tisch versammelt. Auf Frage, ob die Regelung anwendbar ist hatte sei geantwortet: „Die Antwort ist ja, weil wir keine andere Wahl haben.“ Es sei zwar eine Herausforderung und fordere eine Anstrengung seitens der Hersteller. „Aber wir müssen handeln“, sagte Poirson. Sie kündigte zugleich an, dass sie aktiv auf die Übernahme des Gesetzes durch die EU hinwirke.
Für die Hersteller dürfte die „Herausforderung“ tatsächlich machbar sein. Denn es gibt schon Maschinen, die über solche Filter verfügen. Und es gibt bezahlbare Filter, die nachträglich montierbar sind. Letzlich erhält die Branche durch das Gesetz die Möglichkeit, einen Mehrwert anzubieten und die Preise entsprechend anzuheben. Wenig erstaunlich also, dass der Gifam, der Verband der französischen Hausgerätehersteller, das Vorgehen begrüßte.
450 Jahre bis zur Verrottung
Tatsächlich tut Handeln not. Denn die Mikroplastikteilchen sind zu klein, um in den kommunalen Klärwerken vollständig heraus gefiltert zu werden. So landen sie in den Flüssen und letzlich im Meer. Dort schweben sie im Wasser verteilt bis zu 450 Jahren, bevor sie sich zersetzen. Laut der Naturschutz-Organisation WWF stammen 20 bis 35 Prozent des Mikroplastiks in den Meeren aus synthetischer Bekleidung. Die Kleinstpartikel finden sich im Verdauungstrakt bei 5,5 Prozent der Fische aus Nord- und Ostsee. Noch schlimmer ist es bei den Meeresfrüchten: Fast ein Drittel aller Nordseegarnelen wiesen Plastikfasern auf.
Volle Waschmaschine, weniger Mikroplastik
Dabei kann jeder Verbraucher dazu beitragen, die Mikroplastikbelastung zu vermindern. Ein einfaches Mittel ist, einmal gekaufte Kleider länger zu tragen. Denn bei den ersten drei Wäschen gehen je nach Faserart sogar 50 bis 850 Milligramm Mikroplastik ins Abwasser. Das ergab eine Untersuchung des Forschungsinstituts Textil und Bekleidung der Hochschule Niederrhein (FTB). “Qualität statt Quantität”, lautet deshalb die Empfehlung der FTB-Forscher.
Viermal so hoch wie in der Waschmaschine ist allerdings der Mikroplastik-Abrieb im Wäschetrockner. Selbst nach dem zehnten Zyklus beträgt er noch 88 Milligramm pro Kilo. Aber auch in der Waschmaschine kann der Abrieb vermindert werden. Eine Maschine mit einer Ladung von 3,2 Kilogramm Wäsche erzeugt nur etwa die Hälfte an Abrieb wie eine Waschmaschine, die nur mit 1,3 Kilogramm beladen wurde.
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