Deutsche Stromexporte stabilisieren das Netz im Atomland Frankreich

„Frankreich hat Glück, denn Frankreich hat Atomkraft“, sagte Staatspräsident Emmanuel Macron noch im vergangenen Jahr. Von Glück kann allerdings keine Rede sein. Wegen des massenhaften Ausfalls französischer AKW muss unser Nachbarland zunehmend Strom aus Deutschland importieren. Zum Großteil nachhaltigen!

AKW Cattenom Gegenwart und Zukunft von Frankreichs Kernkraftwerken sind nur im physikalischen Sinne strahlend (Achim Lückemeyer/Pixelio.de)

Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Frankreich massiv direkt Strom aus Deutschland importiert. Dies ergibt eine Analyse des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) der vergangenen sechs Jahre. Im direkten Austausch hatte unser Nachbarland zwischen 2015 und 2021 stets mehr Strom nach Deutschland geschickt als eingeführt. In diesem Jahr dürfte sich der Trend umkehren.

Grund ist vor allem der veraltete Atompark. Hinzu kommen die wetterbedingt hohen Wassertemperaturen – kombiniert mit niedrigem Wasserstand – der Flüsse, die das Kühlwasser für Meiler liefern. Sechs Atomkraftwerke müssen deshalb möglicherweise in der Leistung heruntergefahren oder vorübergehend inaktiviert werden. „Die heißen Monate haben nicht einmal begonnen und die Kernkraftwerke in Frankreich haben schon massive Probleme, ihre Leistung aufrechtzuerhalten”, kommentierte BEE-Präsidentin Simone Peter die Lage. Die kommenden Sommermonate und langfristig die steigenden Temperaturen aufgrund der Klimakrise würden diese Situation noch verschärfen.

Fast die Hälfte der Kernkraftwerke Frankreichs außer Betrieb

Der niedrige Wasserstand und die hohen Temperaturen des Kühlwassers kommen für die nationale Atomwirtschaft zur Unzeit. Denn von den 56 französischen Reaktoren sind 26 bereits abgeschaltet – meist wegen altersbedingter Schäden. Frankreich hatte – verstärkt ab 1970 – innerhalb von nur zwanzig Jahren seinen Atompark aus dem Boden gestampft. Nachteil dieser nationalen Kraftanstrengung: Die Meiler kommen nun mehr oder weniger alle zur gleichen Zeit in die Jahre. Sie müssen nun innerhalb weniger Jahre rundumerneuert oder durch neue AKW ersetzt werden.

Der mögliche Umstieg auf Wind-, Sonnen- oder geothermische Energie gilt in weiten Teil der Bevölkerung als Verrat an der französischen Sache. Nicht nur während der vergangenen Wählkämpfe bemühten Politiker immer wieder das Bild der unzuverlässigen, fremdartigen Windenergie und setzten dagegen das Bild der Atomenergie als Teil der französischen Kultur. Politiker, aber auch viele Bürger in Frankreich sind daher über die heutige Empfehlung des EU-Parlamentes, die Atomkraft (und Gas) in die sogenannte Taxonomie nachhaltiger Energien aufzunehmen, glücklich.

Zum Glück gibt es deutschen nachhaltigen Strom

Doch jetzt ist es zum ersten Mal zu einem Negativsaldo zu Ungunsten Frankreichs bei den Direktlieferungen gekommen. Die indirekten Stromlieferungen von Deutschland an Frankreich über Drittländer einbezogen, gab es allerdings schon seit langem kein Jahr mehr, in dem Deutschland von Frankreich mehr Strom bezogen hätte als umgekehrt.

Für Peter, ehemalige Grünen-Chefin und heutige Lobbyistin in Sachen Erneuerbare, ist die Sache klar: „Die Einzigen, die in der aktuellen Situation zuverlässig, günstig und klimafreundlichen Strom liefern, sind die Erneuerbaren.“ Wind, Wasser, Sonne, Geothermie und Bioenergie lieferten gerade in der aktuellen Krise der fossilen Energieträger zuverlässig, sauber und bezahlbar Energie für alle Sektoren.

Die aktuelle Debatte in Deutschland über möglichen Weiterbetrieb der noch arbeitenden AkW sei daher nicht zielführend. Durch die Erneuerbaren erlangten “wir die Souveränität über unsere Energieversorgung zurück, sie sind der einzige Weg aus der Krise. Die Situation in Frankreich zeigt, wie falsch die Debatte über ein Revival der Atomkraft in Deutschland ist.“

Mehr: Ouest France; Bundesverband Erneuerbare Energie

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