Noch in diesem Jahr will Bosch mit dem chinesischen LKW-Bauer Qingling Motors eine Testflotte mit 70 Wasserstoff-Lastern auf Chinas Straßen bringen. Doch es gibt in der Automotiv-Szene auch Stimmen, die Wasserstoff-Lastwagen für Unsinn halten – zum Beispiel Traton-Chef Matthias Gründler.
Der CEO der VW-Nutzfahrzeug-Tochter und sein Mitkämpfer Andreas Kammel, bei Traton für die Alternative Antriebe und autonomes Fahren zuständig, hatten nur wenige Tage vor der Bosch-Ankündigung eine ganzseitige Suada im Handelsblatt gegen LKWs mit Wasserstoff-Antrieb veröffentlicht. Höchstens als Reichweiten-Erweiterer hätten Hilfsantriebe auf Wasserstoffbasis in LKWs eine Chance – allerdings nur vorübergehend, Mit der Weiterentwicklung der Batterie-Technik werde die Wasserstoff-Technik im Straßengüter-Transport zwangsläufig zurück gedrängt – falls sie je eine nennenswerte Rolle spielen werde.
Die Traton-Bosse verweisen auf eine grundlegende Schwäche der Wasserstoff-Technik: Nur ein Viertel der Ausgangsenergie kommt überhaupt auf die Straße. Drei Viertel der ursprünglichen Energie gehen als Umwandlungsverluste verloren. Beim Strom-Laster ist das Verhältnis umgekehrt. Mit demselben Windrad können dreimal mehr E-Laster als Wasserstoff-Lastwagen betrieben werden. Die beiden Nutzfahrzeug-Manager spielen damit auf Untersuchungen an, die seit der Jahrtausendwende bekannt sind, aber in den Diskussionen über alternative Antriebe selten erwähnt werden. Allein schon bei der Herstellung von Wasserstoff durch Strom, der sogenannten Elektrolyse, geht bis zu 40 Prozent der Energie verloren. Weitere zehn bis fünfzehn Prozent verflüchtigen sich bei Speicherung und Transport. Und bei der Stromerzeugung durch die Brennstoffzelle im Fahrzeug betragen die Verluste nochmal 40 bis 50 Prozent. Folglich nutzt das Fahrzeug nur maximal 30 der Ausgangsenergie für den Transport.
Der weitverbreiteten Einschätzung, dass LKWs als Stromer nichts taugten, halten Gründler und Kammel entgegen, dass gerade LKWs als E-Fahrzeuge besonders gut geeignet seien. So stellten Ladezeiten wegen der Pausenregelungen kein Problem dar. Anders als PKWs mit sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Batterie seien die Situationsprofile für Laster wenig komplex. Zum Beispiel entfalle der Unterschied zwischen kurzen Alltags- und extrem weiten Feriendistanzen. Entscheidend sei vielmehr eine regelmäßige und intensive Nutzung. Die Autoren: „Je besser die Fahrzeuge ausgelastet sind, umso größer wird der Energiekostenvorteil der E-LKWs.“ Darüber hinaus solle grüner Wasserstoff da verwendet werden, wo er für einen CO2-freien Betrieb unersetzbar sei, beispielweise in der Stahlerzeugung.
Bosch: Schützenhilfe durch Prognose
Bosch hingegen setzt im Nutzfahrzeugsektor auf H2. Stolz verkündete Bosch-Mobility-Chef Stefan Hartung bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens mit Qingling Motors in Chongqing: „Wir nehmen bei der Industrialisierung der Brennstoffzelle jetzt im wahrsten Sinne des Wortes Fahrt auf. Innovative Technologien und strategische Partnerschaften sind der ideale Treibstoff, um zügig das Ziel eines möglichst klimaneutralen Straßenverkehrs zu erreichen.“ Seine Begründung: „Gerade bei großen, schweren Fahrzeugen, die lange Strecken zurücklegen, bietet die Brennstoffzelle klare Vorteile gegenüber dem batterieelektrischen Antrieb.“ Schützenhilfe bietet ihm dabei eine Prognose der China Society of Automotive Engineers, der zufolge bereits 2030 in China mehr als eine Million Fahrzeuge mit Brennstoff-Antrieb zugelassen werden. Die Zeit wird zeigen, wer Recht behält.
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