Luxustourismus rettet Gorillas in Afrika

Im ostafrikanischen Ruanda hat sich der Bestand der Berggorillas vervielfacht. Für die Affen wird es eng. Auch um den Fremdenverkehr anzukurbeln, will die Regierung das Reservat erweitern und Dörfer umsiedeln. Geht es dabei gerecht zu?

Gorilla Bestandszunahme schafft Probleme (Jens Goetzke/Pixelio.de)

Noch in den Achtzigerjahren galten sie offiziell als “vom Aussterben bedroht”. Damals gab es ganze 250 Berggorillas. Heute sind es rund tausend. Sie gelten nur noch als “stark gefährdet“. Viele davon leben im Schutzgebiet Volcanoes Park im Nordosten von Ruanda. Der Park ist Teil des Virunga-Naturschutzgebiet, dass sich auch über Gebiete von Uganda und der Demokratischen Republik Kongo erstreckt. Das autoritäre Regime von Staatspräsident Paul Kagame setzt – bislang bedeutend erfolgreicher als die Nachbarstaaten – beim Schutz der Gorillas auf die Einbeziehung der angrenzenden Kommunen. Daneben nutzen die ruandischen Behörden den Luxustourismus, um die Berggorilla-Population zu schützen.

1500 US-Dollar müssen Touristen zahlen, um eine Stunde lang die Berggorillas in Gruppen von bis zu acht Personen zu beobachten. Wer mit den Führern allein auf die Pirsch gehen will, zahlt das Zehnfache. Kommen sich Menschen und Gorillas zu nahe, ziehen sich die Ranger und ihre Gruppen zurück. Die Affen sollen sich auf keinen Fall mit Atemwegserkrankungen anstecken. Und sie sollen den Respekt der Ranger und Besucher spüren.

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Anders als die benachbarten Reservatgebiete im Kongo oder in Uganda gilt das ruandische Schutzgebiet als sicher. Es gibt so gut wie keine Wilderei noch Überfälle auf Touristen. Wenig erstaunlich, dass der Besuch bei den Berggorillas in Ruanda fast viermal mehr kostet. Selbst im Corona-Jahr 2019 kamen 17 000 Besucher ins Land, um die Gorillas zu bewundern. Der Affen-Tourismus brachte dem Land Einnahmen in Höhe von 107 Millionen Dollar.

Affen-Tourismus hilft Mensch und Tier

Im Unterschied zum Umfeld der meisten Schutzgebiete in anderen afrikanischen Ländern gab es bislang rund um den Volcanoes Park auch wenig Reibereien mit der Bevölkerung. Die Edelhotels, in denn die Zimmerpreise häufig mehr als tausend Dollar kosten, bieten den Menschen aus der Region vergleichsweise gut bezahlte Jobs. In den Luxus-Resorts betreuen bis zu sieben einheimische Angestellte einen Besucher. Darüber hinaus gehen zehn Prozent der Parkeinnahmen an rund fünfzig umliegende lokale Genossenschaften. 6,5 Millionen Dollar wurden so seit 2005 in über 700 Gemeinschaftsprojekte gesteckt.

Zu viele Gorillas auf kleinem Raum

Doch der Zuwachs der Gorilla-Population bringt auch Probleme mit sich. Ruanda ist mit über 500 Einwohnern pro Quadratkilometer eines am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Die Affen können folglich nicht einfach ins Umland ausweichen. In dem Park, der mit 160 Quadratkilometer nur etwa halb so groß wie die Stadtfläche Münchens ist, leben heute zehn Großfamilien. Noch zur Jahrtausendwende waren es nur drei. Die Familien, die Begegnungen untereinander scheuen, kommen immer häufiger in Kontakt. Nicht immer verlaufen diese friedlich. Der Stress in den Gruppen nimmt zu. Die Sterblichkeit der Affenkinder hat sich seit 2000 verdreifacht.

Die Regierung will deshalb die Parkfläche in den kommenden sechs Jahren um 23 Prozent vergrößern. 255 Millionen Dollar will die Regierung in die Erweiterung des Parks um 3700 Hektar stecken. Zusätzlich soll eine agrarische Pufferzone von 6000 Hektar entstehen, um Wildtiere und Menschen voneinander zu trennen. 4000 Familien werden dabei ihre Felder und Weiden verlieren. Sie sollen in sogenannte Modelldörfern umgesiedelt werden.

Vor den Trümmern ihrer Häuser

Doch in Ruanda – einem Land nicht größer als die Bretagne, aber mit 13,4 Millionen Einwohnern – leben 70 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtwirtschaft. Land ist knapp. Die Regierung geht zwar davon aus, dass das jährliche Wirtschaftswachstum von immerhin acht Prozent zunehmend Alternativen zur Arbeit auf dem Feld und im Stall bietet. Allerdings haben vor allem ärmere Bürger in der Vergangenheit bei Umsiedlungen immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass die Entschädigungen recht mager ausfielen.

In Ruanda sind die Behörden mit Umsiedlungen schnell bei der Hand. Vor allen Dingen beim Umbau der Hauptstadt Kigali zu einem modernen Wirtschaftszentrum mussten tausende Menschen ihre Bleibe aufgeben. “Vision 2050” heißt das Projekt. Neben vorbildlichen Neuansiedlungen und fairen Entschädigungen gibt es unzählige Fälle, bei denen Gerechtigkeit und Menschenwürde auf der Strecke blieben.

Manche Ruander standen nach der Rückkehr von der Arbeit vor den Trümmern ihrer zerstörter Häuser, unter denen ihre gesamte Habe begraben lag. Andere mussten ihre Häuser selbst abreißen. Häufig wurden die Vertreibungen damit begründet, dass die Häuser illegal auf Sümpfen errichtet worden seien. Kirchen und Menschenrechtsorganisationen befürchten nun, dass auch bei der Parkerweiterung unrecht zugehe.

Mehr: Le Monde

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