Schienennetz – Bundesregierung knausert beim Bahnausbau

Raus aus dem Auto – rein in die Bahn: Die Ampelkoalition will die Fahrgastzahlen bis 2030 verdoppeln. Doch bei der Finanzierung steht sie auf der Bremse.

Ausbaumaßnahmen im Schienennetz - hier werden Gleise erneuert
Schienennetz-Ausbau 1,9 Milliarden Euro jährlich reichen hinten und vorne nicht Bild: Deutsche Bahn AG/Wolfgang Klee

Große Ankündigung – kleine Taten. Auf diesen Nenner bringt der Netzbeirat der Deutsche Bahn-Tochter DB Netz AG seine Kritik am schleppenden Ausbau der Schienen-Infrastruktur zum heutigen Auftakt einer Bahnkonferenz in Köln. Bei der geht es vor allem um die zügige Schienennetz-Erweiterung in den städtischen Ballungsräumen.

Schienennetz dramatisch unterfinanziert

Der Vorsitzende des Gremiums, Norbert Reinkober, zugleich Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH, warnt vor einer „dramatischen Unterfinanzierung“ des Schienennetzes in den kommenden Jahren: „Bleibt es bei den unzureichenden Finanzzusagen, lassen sich bis zum Jahr 2030 weder der Deutschlandtakt noch die von der Bundesregierung angestrebte Verdopplung der Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr realisieren.“ Ebenso wenig wird es unter diesen Voraussetzungen gelingen, den Marktanteil der Bahn im Güterverkehr auf die angestrebten mindestens 25 Prozent zu erhöhen.

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Klimaziele werden gerissen

Verfehlt die Berliner Ampelregierung jedoch diese Zielmarken, wird sie vorhersehbar im Verkehssektor deutlich hinter ihren Zusagen im Pariser Klimaschutzabkommen zurückbleiben. Verkehrsminsister Volker Wissing müsste seinen angeblichen Kurswechsel pro Schiene deutlich ambitionierter vorantreiben, um das 1,5-Grad-Versprechen noch zu erfüllen.

Reinkober fordert, schon dieses Jahr drei Milliarden statt der vorgesehenen 1,9 Milliarden Euro in den Neu- und Ausbau der Bahnstecken zu investieren. Wissing peilt das Volumen für 2027 an. Viel zu spät, findet Reinkober. Und dieser Hochlauf sei bisher in der Finanzplanung des Bundes nicht einmal verbindlich hinterlegt, kritisiert er.

181 Infrastrukturprojekte stecken in der Warteschleife fest

Auch das Verkehrsbündnis “Allianz pro Schiene” wirft FDP-Mann Wissing vor, den mit viel Brimborium angekündigten Deutschlandstakt auszubremsen. Er soll Nah-, Fern- und Güterverkehr besser aufeinander abstimmen und das Schienennetz so leistungsfähiger machen. “Bei der Umsetzung herrscht Stillstand“, schimpft Vorstand Hans Leister. Alle vom Zielfahrplan 2030 abgeleiteten 181 Infrastrukturmaßnahmen steckten in der Warteschleife. “Das Ministerium hat bis heute kein einziges Vorhaben so konkretisiert, dass mit der Umsetzung begonnen werden kann“, klagt Leister.

Weniger als 60 Prozent aller Züge waren pünktlich

Dabei wäre Aufbruch dringend nötig. Das hat gerade erst wieder der Run auf das Neun-Euro-Ticket gezeigt. Unter den heutigen Bedingungen bedeuten zusätzliche Fahrgäste überfüllte Waggons, Zugausfälle und teils stundenlange Wartezeiten. Kaum eine nachhaltige Werbung für den Verzicht aufs Auto. Zuletzt waren weniger als 60 Prozent aller Züge im Fernverkehr pünktlich. Die Gründe: Warten auf Anschlussreisende, Bauarbeiten, technische Defekte, Personalmangel.

Wo der Schuh drückt, weiß auch Bahn-Chef Richard Lutz: „Die aktuellen Probleme mit Zuverlässigkeit und Qualität liegen im Kern an mangelnder Kapazität und überalterten Anlagen in der Infrastruktur.” Doch ohne deutlich höhere Investitionen wird es mit dem Traum vom Hochleistungsnetz nichts werden. Und auch die Absicht der Bahn, 4,3 Millionen Flugreisende mit schnellen Verbindungen aufs Gleis zu locken, würde bloße Makulatur bleiben.

Mehr: zughalt Allianz pro Schiene

Dieter Dürand

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