Biogas – Retter vor Winterkälte oder einfach nur Umweltfrevel?

Verbände der Bauern und Energiewirtschaft fordern mehr Engagement der Bundesregierung für Biogas. Doch so, wie es heute erzeugt wird, ist Biogas alles andere als nachhaltig.

Biogasanlage auf dem Lande Weniger nachhaltig als sein Ruf (ADMC/Pixabay)

Sie tun das, was sie gut können: Sie machen Druck. Lobbygruppen aus Agrar- und Energiewirtschaft haben eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie die Biogas-Strategie der Bundesregierung heftig kritisieren. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), der Fachverband Biogas (FvB) und der Deutsche Bauernverband (DBV) hat, so die Verlautbarung, kein Verständnis dafür, dass die regierende Koalition “die Versorgungssicherheit im kommenden Winter ausschließlich über fossile Brennstoffe wie Kohle und importiertes Frackinggas sicherstellen will.” Dadurch bleibe das “das kurzfristig mobilisierbare Potential von nachhaltiger heimischer Bioenergie” ungenutzt.

Mehr Biogas könne den Erdgasverbrauch senken und die Kapazitäten der Erdgasspeicher schonen. Und je mehr Biogas bereits gestellt werde, desto weniger Kohlekraftwerke müssten wieder angeworfen werden.

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Tank oder Teller

So weit so gut. Tatsächlich ist Biogas auf den ersten Blick eine gute Sache. Die Energie scheint nachhaltig, sie ist einheimisch und sicher. Sie steht auch zur Verfügung, wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind weht. Und sie liefert den Bauern, die nur zu oft am Rande der Pleite wirtschaften, ein schönes Zubrot. Doch hinter der schönen Biogas-Fassade sieht das Bild dunkler aus.

Denn Biogas stammt – anders als vielfach geglaubt – nur zum kleinen Teil aus Reststoffen wie Stroh, Laub, aus Lebensmittelresten, Grünabfällen oder Gülle. Laut Bundesumweltamt wird Biogas zu 80 Prozent aus eigens dafür angebauten Pflanzen, zumeist Mais, erzeugt. Der Anbau von Energiepflanzen konkurriert mit der Nahrungs- oder Futtermittelproduktion. Viele Dritte-Welt-Aktivisten stoßen sich daran, dass Güter, die auf den Teller gehören, zu Gas vergoren werden.

Mais oder Moor

Hinzu kommt der gesteigerte Druck auf die Landnutzung. Es kann zur Verdrängung von nachhaltigen Ökosystemen und CO2-Senken wie Moore, Mischwälder oder kleinteiliger Bauernwirtschaft kommen. Auch der hohe Düngemittelbedarf und die schädlichen Folgen intensiven Maisanbaus sprechen gegen Biogas. So gehört Mais zu den Kulturen mit den höchsten Nitratgehalten in Boden und Grundwasser. Mais hat darüber hinaus einem extrem hohen Herbizid-Bedarf. Und weil Mais mehr Feuchtigkeit verträgt als die meisten anderen Getreidearten, verdrängt er häufig Wiesen, oft auch in Flussauen. Bei der Umstellung der Nutzung wird zudem massenhaft Kohlenstoff freigesetzt. Die Artenvielfalt geht in den umgenutzten Gebieten massiv zurück.

Ein Achtel der Ackerfläche

Kein Wunder, dass die jüngste Initiative der Verbände auf Widerstand bei Umweltaktivisten stieß. “Die Mengen an klima- und naturverträglich erzeugtem Biogas sind äußerst begrenzt”, kommentierte der Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzring (DNR), Florian Schöne, den Vorstoß gegenüber der linken Tageszeitung Junge Welt. Aktuell verschlinge der Anbau von Energiemais etwa eine Million Hektar Agrarfläche. Vielfach würden dafür Moor- und Auenböden genutzt.

Tatsächlich nimmt der Energiepflanzenanbau rund 13 Prozent des deutschen Ackerlandes in Beschlag. Das Ergebnis des Anbaus ist alles andere als überzeugend: Photovoltaikflächen würden bei gleichem Flächenverbrauch dreißigmal mehr Energie erzeugen.

Schlimmer noch: Rund fünf Prozent des in den Biogasanlagen erzeugten Methans gehen nicht ins Gasnetz oder in die Stromerzeugung, sondern in die Atmosphäre. Methan ist aber eines der gefährlichsten Klimagase. Über zwanzig Jahre gerechnet ist seine klimaschädliche Wirkung 86-mal stärker als die von CO2. Grund genug, um die vielfach gelobte Biogaserzeugung auf dem Bauernhof skeptisch zu sehen.

Mehr: Junge Welt

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