Chemiekonzerne Bayer und Syngenta hielten Studien über mögliche Gehirnschäden durch Pestizide gegenüber EU zurück

Schwedische Forscher fanden heraus, dass Chemiekonzerne wie Bayer und Syngenta Studien über mögliche Gerhirnschädigungen durch Pestizide zwar den Genehmigungsbehörden in den USA, mehrfach jedoch nicht bei der Zulassung in der EU vorgelegt haben.

Pestizide aller Orten: Von 35 Studien zu möglichen Gehirnschädidungen durch Pflanzenschutzmittel, die Chemiekonzerne den US-Genehmigungsbehörden vorlegten, wurden neun den EU-Behörden vorenthalten (Foto: hpgruesen / pixabay)

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Der schwedische Chemiker Axel Mie und die Toxikologin Christina Rudén von der Stockholmer Universität hatten den richtigen Riecher. Bei der Frage, ob Unkrautvernichtungsmittel, also Pestizide, eine Gefahr für die Entwicklung des menschlichen Gehirns (Fachwort: Entwicklungsneurotoxizität) darstellen, stießen sie auf 35 Studien, die Chemiekonzerne dazu den US-Genehmigungsbehörden vorgelegt hatten. Neun davon enthielten die Unternehmen jedoch den Genehmigungsbehörden in der EU vor. Zu diesen Unternehmen zählen der Schweizer Agroriese Syngenta, der 2015 vom chinesischen Wettbewerber ChemChina übernommen wurde, sowie der deutsche Chemiekonzern Bayer.

Parkinson durch Pestizide

Die Gefahr von Pestiziden für das menschenliche Gehirn sind schon länger bekannt, in Frankreich etwa ist Parkinson seit 2012 bei Landwirten als Folge von Pflanzenschutzmitteln und somit als Berufskrankheit anerkannt. Gleichwohl sind Studien zur Entwicklungsneurotoxizität im EU-Zulassungsverfahren nicht grundsätzlich vorgeschrieben. Diese Lücke nutzten offenbar Bayer und Syngenta. Die damaligen Eidgenossen etwa erhielten 2009 die europaweite Zulassung für ihr Pestzid mit dem Wirkstoff Abamectin, der bei Obst und Gemüse eingesetzt wird. Dabei reichte Syngenta jedoch zwei Studien zur Entwicklungsneurotoxizität aus den Jahren 2005 und 2007 nicht ein, wie Syngenta gegenüber dem Bayrischen Rundfunk einräumt. Diese beiden Studien seien nicht “proaktiv” vorgelegt worden. Sie seien vom Unternehmen so eingestuft worden, dass sie keine neuen Erkenntnisse über die Toxizität von Abamectin ergeben hätten.

EU-Zulassungsbehörde korrigierte sich

Als die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA etwa zehn Jahre später von den beiden Studien Kenntnis erlangte, kam sie zu anderen Ergebnissen und senkte die Grenzwerte für die erlaubten Rückstände etwa bei Gurken, Tomaten und Zucchini. Bei zwölf Obst- und Gemüsesorten, die mit Abamectin behandelt werden durften, könne ein “akutes Risiko” für Menschen nicht ausgeschlossen werden, bei Äpfeln und Birnen solle der Stoff zur Schädlingsbekämpfung nicht mehr eingesetzt werden.

Sicherheitslücke in Europa

Bayer erklärt, das Unternehmen habe die Studien eingereicht, die nach den damaligen Regularien gefordert waren. Die Risikobewertung sei zuverlässig erfolgt. Bei einem Wirkstoff zum Beispiel sei das Einreichen per Gesetz damals nicht gefordert gewesen. “Die Untersuchung der Stockholm University zeigt eine Sicherheitslücke auf”, so der Innsbrucker Toxikologe Martin Paparella. “Es kann nicht sein, dass die Industrie Studien durchführt, die sie dann nicht einreicht.” Toxikologin Rudén geht noch einen Schritt weiter. “Wenn die Industrie diese Beweise zurückhält, dann bedeutet das für mich, dass sie ihrer Verantwortung nicht gerecht wird.” Dann könnten Behörden gar nicht beurteilen, ob die Produkte für die Verbraucher eine Gefahr darstellen.

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