Finanzbranche: Grüne Investments im Aufwind

Alexander Boensch, Finanzierungsexperte für erneuerbare Energien und Klimaprojekte an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), sieht die Banken beim Managen von Klimarisiken vor gewaltigen Herausforderungen.

Über ein Feld verlaufende Überlandleitung
Stromnetz Investitionen in fossile Brennstoffe drohen unwirtschaftlich zu werden Foto: Sylke Schumann / HWR Berlin

Eine künftige Hauptaufgabe der Geldinstitute sieht der Hochschullehrer darin, bessere Finanzierungsvoraussetzungen für grüne Energieprojekte zu schaffen, die sogenannte Bankability. Konkret hieße dies, die Vorhaben durch Vorstrukturierung, Ausleuchten der Rahmenbedingungen und eine gezielte Bewertung von Chancen und Risiken auf einen qualitativen Status zu heben, der es Eigen- und Fremdkapitalgeber auf Basis ihrer jeweiligen Investitionskriterien ermögliche einzusteigen.

Allzu sorglose Kreditvergabe an Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft

Dafür benötigten die Bankangestellten eine viel breitere Ausbildung als früher, betont Boensch. Zum Beispiel müssten sie sich mit den neuen Technologien auskennen, die zum Einsatz kommen. “Der Bedarf an Expertenwissen im Bereich erneuerbarer Eneregien, Energieeffizienz und Klimafinanzierung steigt”, so Boensch. Für Studierende bedeutet das: Eine entsprechende Expertise verbessert ihre Berufsaussichten sowie ihre Aufstiegs- und Gehaltschancen.

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In der Vergangenheit hätte die Branche allzu sorglos Kredite an Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft vergeben, kritisiert der Experte. Einige fremdfinanzierte Investitionen seien durch das Fortschreiten der Energiewende schon unwirtschaftlich geworden. Für andere bestehe die akute Gefahr, dass die Unwirtschaftlichkeit in den nächsten Jahren einsetzt. Oder sie sogar ganz abgeschrieben werden müssen. Ein Beispiel sind noch nicht refinanzierte Kohlemeiler, die vom Netz gehen, weil sie wegen steigender CO2-Preise nurmehr mit Verlust betrieben werden können.

Das Pariser Klimaschutzabkommen entwertet Aktien in gigantischem Ausmaß

“Solche sogenannten Stranded Assets können bei den geldgebenden Instituten zu existenzbedrohenden Kreditausfällen führen”, warnt Boensch.

Die Botschaft verhallt ganz offenbar noch immer ungehört in weiten Teilen der Finanzwelt. Jedenfalls schaufelten allein die 60 weltgrößten Banken von 2016 bis 2020 unbeirrt 3,8 Billionen US-Dollar in die Exploration und Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas. “Schockierend!,” nennt ein globales Umweltbündnis diese von ihm erhobenen Zahlen.

Laut der US-amerikanischen Citibank führt das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 dazu, dass Aktien im Wert von 100 Billionen Dollar auf Dauer ihren Wert verlieren werden. Das wäre ein gigantischer Vermögensverlust für die bisherigen Profiteure der Fossilwirtschaft.

Die Banken brauchen mehr kritische Geister

Boensch ermuntert kritische Geister im Finanzsektor, sich aktiv für eine schnelle grüne Energiewende einzusetzen und dafür die Voraussetzungen zu schaffen. Drei Hebel hätten sie dafür vor allem in der Hand: Die Standardisierung von Projekt- und Finanzierungsansätzen sei entscheidend, um das Tempo der Umsetzung zu erhöhen. Ebenso wichtig sei es, kleine und Kleinstprojekte zu größeren, finanzierbaren Einheiten zu bündeln. “Das reduziert die Transaktionskosten.”

Schließlich müssten für Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern Instrumente entwickelt werden, die das Risiko für die Geldgeber auf ein Maß begrenzten (Fachjargon: De-risking), das sie nicht abschreckt. Boensch ist sich sicher, dass dem Green Energy Finance die Zukunft gehört. “Mehr und mehr Kreditinstitute finanzieren heute gar keine konventionellen Energieinvestitionen mehr, sondern fokussieren ausschließlich auf Ökoenergie-Projekte.”

Mehr: idw

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