Klimaschutz gehört nicht zu den Aufgaben der Europäischen Zentralbank, schreibt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, im Handelsblatt. Der Hauptgrund: Die Währungshüter haben dafür keine geeigneten Instrumente.

Für Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), ist die Klimapolitik ein Lieblingsthema. Was nicht überall gut ankommt: „Eine solche grüne Geldpolitik wird regelmäßig kritisiert“, schreibt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, im Handelsblatt, „weil sie die EZB in einen gefährlichen Zielkonflikt stoßen kann.“ Tatsächlich müsse sich de EZB zwischen ihrem gesetzlichen Ziel, für eine niedrige Inflation zu sorgen, und dem Klimaziel entscheiden, wenn irgendwann die Teuerung steigt.
Die EZB müsste auch grüne Anleihen kaufen, um die Inflation zu bekämpfen
Zum EZB-Instrumentarium der Inflationsbekämpfung zählt auch der Verkauf von Anleihen. Krämer schlussfolgert: „Dann müsste sie nämlich nicht nur konventionelle, sondern auch grüne Anleihen verkaufen, um der Wirtschaft Liquidität zu entziehen.“ Neben diesem Zielkonflikt, der die Glaubwürdigkeit der EZB nach Krämers Einschätzung bedrohen würde, gebe es ein weiteres wichtiges Argument gegen grüne Geldpolitik: „Die EZB hat gar keine wirtschaftlich geeigneten Instrumente zum Klimaschutz.“
Zwei EZB-Hebel zur Senkung der CO2-Emissionen
Im Wesentlichen verfügten Zentralbanken über zwei Hebel, um den CO2-Ausstoß der Unternehmen zu senken. Zum einen könnte die EZB in großem Stil Anleihen von Unternehmen kaufen, die damit Projekte für mehr Klimaschutz finanzieren oder sich zur Emissionssenkung verpflichten. Krämer: „Durch den bevorzugten Kauf grüner Anleihen könnte die EZB deren Renditen verglichen mit konventionellen Anleihen senken.“ Die Alternative: Die EZB könnte bei Sicherheiten wie Staats- oder Unternehmensanleihen ansetzen, die Banken der EZB stellen müssen, um sich bei ihr Geld zu leihen.
Anreize zum klimagerechten Umbau der Wirtschaft
Bei Anleihen klimabewusster Unternehmen könnte die Zentralbank die üblichen Risikoabschläge geringer ansetzen. Krämer: „Die Bevorzugung grüner Anleihen durch die EZB soll bewirken, dass sich klimabewusste Unternehmen günstiger finanzieren als Unternehmen, die viele Treibhausgase ausstoßen. Die EZB führt damit indirekt einen Preis für den Ausstoß von CO2 ein.“ Entscheide sich ein Unternehmen für mehr Emissionen, müsste es dafür einen Preis in Form höherer Finanzierungskosten entrichten. Die Notenbank würde damit Anreize zum klimagerechten Umbau der Wirtschaft schaffen.
Die EZB auf dem Holzweg
Nach Krämers Ansicht ein Holzweg. Die Wähler akzeptierten eine Klimapolitik auf Dauer nur, wenn diese die Unternehmen und die Verbraucher nicht unnötig belastet, die Emissionen also möglichst kostengünstig senkt. „Dazu müsste die Politik CO2-Einsparungen dort auslösen, wo sie am günstigsten zu erzielen sind. Das wiederum erfordert, direkt bei den Emissionen anzusetzen und sie mit einem für alle Unternehmen einheitlichen Preis zu versehen.“
Was fehlt, wäre ein einheitlicher CO2-Preis
Wenn alle Unternehmen die Möglichkeiten zur Reduktion klimaschädlicher Abgase an einem für alle gleichen CO2-Preis messen, werden die Emissionen dort gesenkt, wo es volkswirtschaftlich am günstigsten ist, argumentiert der Commerzbanker. „Aber genau einen solchen einheitlichen Preis kann die EZB nicht durchsetzen. Sie kann zwar die Finanzierungskosten von Unternehmen mit hohen Emissionen im Vergleich zu klimafreundlichen Unternehmen etwas verteuern. Aber die Mehrbelastung fällt bei jedem Unternehmen unterschiedlich aus – allein schon deshalb, weil sie die vergleichsweise höheren Zinsen auf ihre unterschiedlich hohen Schuldenstände entrichten müssen.“
Jedes Unternehmen hätte einen anderen, von der EZB induzierten CO2-Preis. Was fehlte, sei ein einheitlicher Preis und damit der Maßstab, um die Kosten der verschiedenen Klimaschutz-Investitionen miteinander zu vergleichen. Die Folge: Viele Unternehmen vermeiden CO2 zu unnötig hohen Kosten. Krämers Fazit: „Die klimapolitischen Instrumente der EZB sind nicht effizient.“
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