Schiffsdiesel: EU macht Druck auf die Stinker der Meere – doch es fehlen alternative Treibstoffe

Seeschiffe gehören zu den schlimmsten Umwelt- und Klimasündern. Inzwischen stellen Reedereien wieder zunehmend von LNG auf Schiffsdiesel um. Bringt der Handel mit Umwelt-Zertifikaten Abhilfe?

Containerschiff mit Rauchfahne Schiffsdiesel gehört zu den schlimmsten Umwelt-Verschmutzern (Bernd Sterzl/Pixelio.de)
Containerschiff mit Rauchfahne Schiffsdiesel gehört zu den schlimmsten Umwelt-Verschmutzern (Bernd Sterzl/Pixelio.de)

Aida macht’s. Die norwegische Reederei Fjord Lines macht’s auch. Und der Keuzfahrtanbieter Costa macht es ebenso. Was die Reedereien eint, ist der Umstieg vom Flüssiggas LNG zurück auf Schiffsdiesel. Angeblich zwingen die Kosten zu dem Schritt. Schade! Denn Schiffsdiesel gilt als extrem umweltschädlich und gesundheitsgefährdend. Der zähfließende Brei ist im Grunde nichts anderes als chemischer Abfall, der bei der Produktion von höherwertigen Kraftstoffen wie Diesel, Benzin oder Kerosin anfällt. Nur Teer ist noch dicker als dieser sogenannte Bunker. Und nur die Beigabe von Diesel macht diesen petrochemischen Müll überhaupt einsatzfähig. Zusätzlich muss die zähe Masse auf mindestens 50 Grad erhitzt werden, damit sie überhaupt fließt.

Bei der Verbrennung setzt sie ein krude Mischung von Treibhausgasen frei. Neben CO2 gelangen Methan und Lachgas in die Atmosphäre. Die WHO stufte die Schiffsdiesel-Abgase vor allem wegen der Feinstäube als krebserregend ein. Der Umweltorganisation NABU zufolge sterben allein in der Europäischen Union rund 50 000 Menschen jährlich infolge des Qualms aus den Schiffsschloten. Die Präfektur des französischen Küsten-Departements Seine-Maritime klagt seit Jahren über die Häufungen von Asthma-, Krebs-, Gefäß- und Nervenerkrankungen in der Umgebung der Häfen von Rouen und Le Havre.

Übler Öko-Sünder

Tatsächlich gehört die Fracht- und Personenschifffahrt zu den schlimmsten Umweltsündern. Wäre die Branche ein Land, gäbe es nur fünf Länder, die mehr CO2 ausstoßen würden. Etwa drei Prozent aller Kohlenstoff-Emissionen kommen aus den Schornsteinen der Seeschiffe. Noch im November hatte die Weltklima-Konferenz COP 27 in Scharm el-Scheich die Internationale Seeschifffahrtsorganisation aufgefordert, bis 2050 die Kohlenstoff-Emissionen auf Null zu fahren.

Bislang strebt der Lobby-Verband nur eine Halbierung bis Mitte des Jahrhunderts an. Immerhin: Deutschlands Reedereien, die mit 1 900 Seeschiffen immerhin die fünftgrößte Flotte der Welt betreiben, orientieren sich am Null-Ziel der COP 27. Auch die größte Reederei der Welt, Maersk, hat sich diesem Ziel verpflichtet.

Scheinbare Besserung

Dennoch werden die Ausstöße erst einmal zunehmen. Das Umweltprogramm der UNO, die UNEP, geht sogar von einer Verdoppelung wegen des weiter wachsenden Seeverkehrs aus. Nur durch eine radikale Abkehr von der bisherigen Praxis könnten die Reedereien das selbst gesteckten Ziel erreichen. Zwar hatte die Branche noch vor Kurzem stolz vermeldet, dass der CO2– Ausstoß pro Tonne Fracht während der vergangenen zehn Jahre um rund zehn Prozent gesunken sei. Doch der Grund lag weniger in der Verwendung sauberer Kraftstoffe. Vielmehr war es die wachsende Größe der Containerschiffe, die zu den Einsparungen geführt hatten. Seit 2012 gehen die Kohlenstoff-Emissionen absolut gesehen nach oben. Blies die Seefahrt 2012 nur 680 Millionen Tonnen CO2 in den Himmel, so waren es 2022 rund 841 Millionen Tonnen.

EU bittet zur Kasse

Tröstlich: Die EU-Kommission plant, ab 2024 die Seeschifffahrt in das europäische Handelssystem für Kohlenstoff-Zertifikate mit einzubeziehen. Möglicherweise wird der Handel mit den Verschmutzungsrechten der EU lediglich eine Menge Geld einbringen, nicht aber die Emissionen senken. Denn ein sauberer Treibstoff ist nicht in Sicht. Selbst LNG, bis auf Weiteres vornehmlich fossil, gilt nur bedingt als Alternative. Zwar vermindert LNG den Ausstoß von Feinstäuben ganz erheblich. Doch so lange das LNG nicht nachhaltig erzeugt wurde, ist die CO2-Bilanz nur um ein Fünftel besser als die des Schiffdiesels.

Strom eignet sich nicht als Alternative. Die Batterien wären zu schwer. Alle anderen Kraftstoffe befinden sich erst in der Entwicklung oder bestenfalls der Erprobung. Einzig E-Methanol hat in den kommenden Jahren eine Chance, mehr als nur eine Nischenanwendung zu werden.

Mehr: Handelsblatt, Le Monde

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*