Solar punktet auf breiter Front

Erdgasersatz, Rekordzelle, sauberer Treibstoff, Paketzustellung – Solar zeigt gerade, wieviel grüne Hoffnung in dieser Zukunftstechnologie steckt. Ein aktuelles Schlaglicht.

Ein Solar-Turm erzeugt Prozesswärme von 1500 Grad Celsius
Wie aus CO2 und Wasser mit Hilfe von Solar klimaneutrale Treibstoffe entstehen Sonne liefert die notwendige Prozesswärme
Bild: Synhelion (DAC – Direct Air Capture, CO2 direkt aus der Umgebungsluft)

Die beste Nachricht zuerst: Dank gutem Wetters und dem kräftigen Zubau von Sonnenkraftwerken stellte die Europäische Union (EU) diesen Sommer eine neue Bestmarke bei der Produktion von Solarstrom auf. Das berichtet die Denkfabrik Ember. Die Photovoltaik (PV)-Anlagen speisten von Mai bis August 99,4 Terawattstunden (TWh) in die Stromnetze ein. Solar stand damit für zwölf Prozent der gesamten erzeugten Elektrizität. Im vergangenen Jahr lag der Anteil erst bei neun Prozent. Und Deutschland lieferte einen großen Beitrag zu dem Rekord.

Solar entlastet Europas Gasrechnung um viele Milliarden Euro

Mindestens ebenso wichtig wie der Vorteil für Klima und Umwelt. Europa musste für 29 Milliarden Euro weniger Gas vom russischen Präsidenten und Kriegstreiber Wladimir Putin beziehen (siehe Grafik unten). Die Milliarden hätten seine Todeskasse sonst noch weiter gefüllt. Ember-Analyst Pawel Czyzàk lobt den Switch. “Die Investitionen in Solarkapazitäten zahlen sich jetzt aus. Jede damit produzierte Terawattstunde entlastet die EU-Bürger um Milliarden.”

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Schaubild: Sparschwein Solar
Solar-Sparschwein und Anti-Kriegs-Waffe 29 Milliarden Euro weniger für Putin Quelle: Ember

Bei allem Fortschritt fordert Gerald Haug, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, noch viel mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. “Das war viel zu langsam”, kritisiert er und rechnet vor, wie viel solares Potenzial allein in Deutschland noch ziemlich simpel zu aktivieren wäre. “Wenn die Süddächer mit Photovoltaik bedeckt wären, hätten wir schon mal einen Ausbau um den Faktor vier.” Auch Solarmodule über Äckern und Feldern könnten große Strommengen beisteuern.

“Solar ist eine der am schnellsten wachsenden Technologien und wird eine Hauptrolle im künftigen globalen Energiemix spielen”

Finanzexpertin Frédérique Carrier von RBC Wealth Management

Immerhin hat die Berliner Ampelregierung die Errichtung von Sonnenkraftwerken durch erleichterte Steuerregeln und verbesserte Förderbedingungen wieder attraktiver gemacht. Ganz generell sehen Finanzberaterinnen wie Frédérique Carrier von RBC Wealth Management in Solarenergie ein Investment mit hohen Renditechancen. “Solar ist eine der am schnellsten wachsenden regenerativen Technologien und scheint bestimmt zu sein, eine Hauptrolle im künftigen globalen Energiemix zu spielen.”

Der Stoff, aus dem das Solar-Wunder ist

Zusätzlichen Schub dürften neuartige Tandem-Solarzellen bringen, die Sonnenlicht besonders ergiebig in Watt und Volt umwandeln. In ihnen spielt klassisches Silizium mit kostengünstig herzustellenden Perowskit-Kristallen zusammen. Niederländische Forscher haben den Wirkungsgrad des “Wunder-Duos” im Labor gerade auf mehr als 30 Prozent getrieben und damit eine ähnliche Hochleistungszelle aus Deutschland noch übertroffen. Marktübliche reine Silizium-Solarzellen schaffen höchstens 26 Prozent. Mit Industriepartnern wollen die Niederländer schon bald in die Massenproduktion der Hocheffizienz-Module einsteigen.

Sonne zu sauberem Flugbenzin

Neue solare Perspektiven zeichen sich auf bei der Gewinnung klimaneutraler Treibstoffe wie Methanol und synthetischem Flugbenzin ab. In Jülich bei Aachen eröffnete die Schweizer Synhelion jetzt mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine Testanlage, die schon in Kürze die industrielle Produktion aufnehmen soll. Das Grundprinzip der Verfahrens: 1500 Grad heiße Prozesswärme, erzeugt von Spiegeln, die Sonnenlicht hochkonzentriert auf einen Receiver fokussieren, wandelt Kohlendioxid (CO2) etwa aus der Luft unter Zugabe von Wasser in die sauberen Treibstoffe um (siehe Fotografik oben).

Solarboot der Post auf der Spree in Berlin Wasserwege für die abgaslose Zustellung von Paketen nutzen
Foto: Deutsche Post DHL Group/Jens Schlueter

Richtig losgehen mit der kommerziellen Großproduktion soll es 2025 in Spanien, wo die Sonne zuverlässiger scheint als in hiesigen Breitengraden. Für 2030 strebt das Synhelion-Management eine Jahreskapazität von 875 Millionen Litern an – das entspräche sieben Prozent des jährlichen deutschen Flugspritbedarfs. Als ersten Kunden hat das Unternehmen die Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss International Air Lines gewonnen.

Wenn das Elektroboot das Paket zustellt

Derweil fügt die Deutsche Post DHL Group ihren Umstellungsanstrengungen auf eine umweltgerechte Zustellung ein neues Puzzlestück hinzu. In Berlin transportiert ein knapp elf Meter langes Solarboot testweise auf der Spree Pakete vom Südhafen Spandau zum Westhafen. Von dort fahren Postbedienstete sie auf ebenfalls elektrisch angetriebenen Lasträdern zu den Empfängern – gänzlich schadstofffrei.

Mehr: ember-climate ftadviser Independent synhelion

Dieter Dürand

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