Stromtrasse nach England verhindert Dunkelflauten

Ein 720 Kilometer langes Unterwasserkabel zwischen Wilhelmshafen und der Themsemündung soll bis zum Jahr 2026 die Netze des Vereinigten Königreiches und Deutschlands miteinander verbinden. Die Stromautobahn dient auch dazu, zeitlich begrenzte Überschüsse oder Unterversorgungen aus Wind- und Solarkraft auszugleichen.

Megaprojekt NeuConnect Schwankungen ausgleichen, C02 reduzieren (Quelle: Neuconnect)

NeuConnect ist nicht erste Projekt dieser Art. So verbindet seit dem vergangenen Frühjahr ein 623 Kilometer langes Kabel gleicher Kapazität Deutschland und Norwegen. Wie NeuConnect soll es zeitliche Engpässe im Netz verhindern. Die 500 000-Volt-Gleichstromtrasse kann bis zu 1,4 Gigawatt Strom in beiden Richtungen transportieren. Das entspricht dem Verbrauch von rund 1,5 Millionen Haushalten.

Meist wird der Strom jedoch in Richtung Großbritannien transportiert. Denn im deutschen Netz kommt es an wind- und sonnenreichen Tagen immer wieder zu Stromüberschüssen. Dann sinken die Strompreise an der Börse manchmal ins Minus oder es müssen Windanlagen abgeschaltet werden. Die Briten wollen von dem günstigen Überschuss-Strom profitieren. Die Deutschen ihrerseits sind froh, wenn die zusätzlichen Abnehmer auf der Insel dafür sorgen, dass die Preise nicht ins Bodenlose fallen und das Netz stabil bleibt.

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Mehr Lieferer, größere Sicherheit

Das Vereinigte Königreich kann zusätzliche Lieferer brauchen. Wegen seiner Insellage ist der Austausch mit ausländischen Netzen geringer als zwischen den europäischen Festlandsstaaten. Deshalb sind die Strompreise in Großbritannien relativ hoch. Die Briten beziehen zwar bereits Strom über mehrere sogenannte Interkonnektoren von Nordsee- und Kanal-Anrainern wie Norwegen, die Niederlande, Irland oder Frankreich.

Dass die Verbreiterung der Lieferbasis dennoch nottut, zeigte sich jetzt im Fischereistreit zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Frankreich hatte damit gedroht, die Stromzufuhr zu unterbrechen. Hinzu kommt, dass zurzeit die Einfuhren aus Frankreich wegen eines Brandes in einem britischen Verteilungszentrum ohnehin eingeschränkt sind. Zwar beziehen die Briten nur 5,4 Prozent ihres Stromes aus dem Ausland. Doch hatte die Abhängigkeit von wenigen Interkonnektoren dazu geführt, dass nach dem Brand die Strompreise auf der Insel nach oben schossen.

Weniger CO2

Auch ökologisch spricht einiges für das Projekt. Durch die Vergrößerung des Einzugsbereiches werden die erneuerbaren Energiequellen beider Länder stärker integriert. Dank dieser Integration kommt es zu einer Netto-Reduzierung der Kohlenstoff-Emissionen von 16 Millionen Tonnen CO2 über 25 Jahre – das entspricht der Anpflanzung von 28 Millionen Bäumen oder der Emission von 400 000 Autos. Zusätzlich vermindert die Netzintegration über die Grenzen hinweg mit zunehmender Ausdehnung die Gefahr von Dunkelflauten.

Der Trassennutzung als vornehmlicher Einbahnstraße vom Kontinent nach Großbritannien will Premierminister Boris Johnson allerdings mittelfristig ein Ende bereiten. Die Kapazität der britischen Windkraft-Erzeugung soll bis 2040 um das Vierfache auf 40 Gigawatt gesteigert werden. Spätestens dann wird das Vereinigte Königreich vom Stromimporteur zum -exporteur.

Deutschland und Großbritannien geben übrigens keinen einzigen Steuer-Cent für das 1,6-Milliarden-Euro-Projekt aus. Ein Konsortium von Allianz Capital Partners, dem französischen Infrastruktur-Investor Meridiam und dem Energieriesen Kansai Electric finanziert die Trasse zwischen Wilhelmshafen und der Halbinsel Hoo unweit von London.

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