Geplante Terminals für LNG vor der Ostsee-Insel Rügen werden zum neuen Lützerath der Klimaschutzbewegung

Gegen die geplanten Terminals für Flüssigerdgas (LNG) vor Rügen formiert sich Widerstand der Klimaschutzbewegung. 95 000 Menschen aus der Region haben eine Petition gegen das von Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) Projekt verfasst. Für Ende Mai sind Aktionen geplant – und rechtliche Schritte in Vorbereitung.

Vom Kreidefelsen zum Monster-Terminal: Die geplante Entladestelle für LNG wird zum Fanal für die Ferieninsel (Foto: Katherina Ulrich / pixabay)

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Flüssiges Erdgas, kurz: LNG, ist klima- und umweltschädlicher als herkömmliches Erdgas und kostet ein Mehrfaches. Gleichwohl plant Bundeswirtschaftminister Robert Habeck (Grüne), um Russland für den Krieg gegen die Ukraine zu bestrafen, für Milliarden Steuergeldern den Aufbau von Entladungsstationen an der deutschen Küste, der von vielen schon jetzt vor dem Endausbau als überdimensioniert kritisiert wird. Trotzdem soll eine der Anlandestellen auch vor Rügen entstehen. Aus diesem Grund steht die Ostsee-Insel vor einem heißen Mai. Denn gegen das schwimmende Monster-Terminal bestehend aus zwei LNG-Schiffen regt sich massiver Widerstand der Klima- und und Umweltschutzbewung, darunter Greenpeace, der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Fridays for Future und die Bürgerinitiative Lebenwertes Rügen. Nach einer Besetzung des Rügener Hafens Mukran durch die Aktivistengruppe Ende Gelände, die auch gegen die Beseitigung des Weilers Lückerath im rheinischen Braunkohlerevier durch den Essener Energiekonzern RWE gekämpft hatte, ist nun ein Protestcamp für Ende Mai geplant. Die DUH hat rechtliche Schritte angekündigt. Zudem liegt dem Bundestag eine Petition gegen das LNG-Terminal vor, die 95 000 Menschen aus der Region unterschrieben haben.

Fraglicher Bedarf

Damit dürfte der Kampf gegen die beiden LNG-Terminals vor Rügen zu einem neuen Symbol der Umwelt- und Klimaschutzbewegung werden, um der Bundesregierung ihre aus Sicht der Aktivisten Doppelzüngigkeit beim Klimaschutz vor Augen zu führen. Ähnliches passierte den Grünen bereits Anfang des Jahres , als publik wurde, dass ihre nordrhein-westfälischen Parteifreunde im Vorfeld der Räumung von Lützerath Insidern zufolge einen Kniefall vor RWE gemacht hatten. Diese Konfliktlinie zeigt sich jetzt auch bei der Petition an den Bundestag ab, in der die Unterzeichnenden nicht nur um den herausragenden Freizeitwert der mythenhaften Ostsee-Insel fürchten, sondern auch um das angrenzende Biosphärenreservat Südost-Rügen.

Gewaltige Belastungen

Das Projekt werde eine dauerhafte Beschädigung des Ökosystems und der Lebensgrundlagen der Menschen auf Rügen zur Folge haben, so Marvin Müller, Landeschef der Jusos Mecklenburg-Vorpommern und Gemeinderat des Rügener Badeortes Binz. „Die Belastungen wären gewaltig und vordringlich gegen die Verpflichtungen von Umwelt- und Naturschutz gerichtet.“ Die Frage, ob es diese Terminals für die Energieversorgung tatsächlich brauche, oder es nur um Überkapazitäten gehe, bewege die Menschen auf der Insel. Es sei nicht nachvollziehbar, in einer derart sensiblen Region ein derartiges Projekt umzusetzen, „obwohl es keinen Beleg für eine Gasmangellage gibt“.

LNG-Terminal vor Rügen auch für Ukraine

Wie in Lützerath, so scheinen die Umwelt- und Klimaschützer nun auch in Rügen bei den Grünen mit ihrem Protest auf taube Ohren zu stoßen. So beharrte Stefan Welzel von den Grünen, Staatsekretär von Bundeswirtschaftsminster Habeck, bei einer Anhörung des Petitionsausschusses des Bundestages ausdrücklich darauf, die beiden LNG-Terminals vor der Küste Rügens beschleunigt zu errichten, wenn man das Ziel habe, “im Winter tatsächlich im Ostseeraum auch Gas zur Verfügung stellen zu wollen”. Es gehe darum, die Versorgungssicherheit des Landes sicherzustellen, „und sich nicht erpressbar zu machen“, so der Grünen-Politiker. „Wir können über die Leitung sogar den Osten der Ukraine versorgen.“

RWE zieht sich zurück

Offenbar ist selbst dem Energieriesen RWE, der für die Errichtung des LNG-Terminals auf Rügen verantwortlich ist, nach den Negativschlagzeilen wegen der polizeilichen Räumung Lückeraths die umstrittene Anlage vor Rügen nicht mehr geheuer. “Wir tun dies im Auftrag der Bundesregierung”, so Konzernchef Markus Krebber, “und werden die schwimmenden LNG-Terminals absehbar an die entsprechenden staatlichen Gesellschaften übergeben.”

Mehr: Klimareporter, Deutscher Bundestag

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