Die schmutzige Wahrheit über LNG

Flüssiggas (LNG) soll russische Energieimporte ersetzen. Das Klima zahlt für den Wechsel einen hohen Preis: LNG ist ähnlich schädlich wie Kohle – und zudem teuer.

Gefracktes LNG-Flüssiggas ist besonders klimaschädlich
Förderanlage für Fracking von Gas LNG mit lausiger Ökobilanz Bild: Nicholas Demetriades/Pixabay

Es ist erst gut zwei Jahre her, da stellte Julia Verlinden, damals energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, eine dringende Anfrage an die zu dieser Zeit amtierende schwarz-rote Bundesregierung. Die heutige stellvertretende Fraktionsvorsitzende, inzwischen an der Regierung beteiligt, begehrte Auskunft, wie schädlich Flüssiggas (LNG) sei? Insbesondere jenes, das unter hohem Druck und Einsatz von Wasser sowie Chemikalien aus Gestein zum Bohrloch gepresst wird. Der Fachterminus dafür heißt Fracking.

Vor allem gefracktes LNG weist eine lausige Ökobilanz auf

Die Antwort aus dem Umweltministerium fiel ganz im Sinne der Grünen aus. Kurz gefasst bescheinigte es dem Fracking-Gas, dass es Klima und Umwelt ähnlich heftig zusetzt wie die Kohle. Selbst wenn es in Deutschland gefördert würde, habe es “keine positiven Wirkungen auf die Klimaziele”. Hinzu berge das Verfahren “erhebliche Risiken” für Grundwasser und Böden.

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Für Verlinden war der Fall damit klar. “Wir brauchen einen verlässlichen Importstopp von Fracking-Gas”, forderte sie.

Desaster für die Klimaziele

So schnell ändern sich die Zeiten. Mit der Begründung, anders sei Deutschlands Energieversorgung nicht sicherzustellen, reist der grüne Klimaminister Robert Habeck heute um die Welt, um Flüssiggas als Ersatz für russisches Pipeline-Gas zu beschaffen. Mag Flüssiggas die Erde auch weiter aufheizen – erstmal egal. Hauptsache die Wirtschaft bricht nicht ein und die Stuben der Bürger sind warm.

Dabei hat sich an den Fakten nichts geändert. Fürs Klima ist der global boomende LNG-Einsatz ein Desaster. Das belegen mehrere Studien, etwa des Umweltbundesamts, des Informationsdienstleisters Bloomberg oder der unabhängigen Experten des Global Energy Monitors.

Besondere Sorge bereiten die Methanlecks

Weite Transportwege per Schiff, hohe Energieaufwände für Gewinnung, Verflüssigung, Kühlung und Regasifizierung, die sogenannte Vorkette, setzen Unmengen an Treibhausgasen frei und führen zu einer miserablen Klimabilanz (siehe Grafik unten).

Treihausgasintensität von LNG
Treibhausgasintensität von LNG Die Vorkette aus Verflüssigung, Kühlung, Transport und Regasifizierung macht den Unterschied
Quelle: Fraunhofer ISI

Besondere Sorge bereitet das Methan, das über Lecks in die Luft gelangt. Sein Effekt auf die Erwärmung ist 28-mal stärker als der von Kohlendioxid (CO2). Auch wegen der vielen Leckagen ist Fracking-Gas aus den USA nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace mehr als sechsmal klimaschädlicher als beispielsweise normal gefördertes norwegisches Pipelinegas. Das aus Australien angelieferte sogar 7,5-mal.

“Zusätzliche Infrastruktur in Form von Pipelines oder LNG-Terminals würde das fossile Zeitalter inmitten der Klimakrise völlig unnötig verlängern.”

Sascha Boden, Deutsche Umwelthilfe

Würde das LNG nur wenige Jahre verbrannt, ließe sich der negative Klimaeffekt vielleicht noch verschmerzen. Doch die explosionsartig ansteigenden Kosten für den Aufbau der entsprechenden Infrastruktur erzwingen nachgerade eine lange Laufzeit, um die hohen Investitionen wieder einzufahren. Gerade erst hat Habeck die voraussichtlichen Kosten für die bis zu sieben geplanten schwimmenden LNG-Terminals von ursprünglich 2,9 Milliarden Euro auf zehn Milliarden Euro hochgesetzt.

Massiver Bremsklotz auf dem Weg zu einer sauberen Energieversorgung

Nicht nur Greenpeace sieht in den Anlagen einen massiven Bremsklotz auf dem angestrebten Weg zu einer sauberen Energieversorgung. Sascha Boden, Referent für Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), formuliert es so: “Zusätzliche Infrastruktur in Form von Pipelines oder LNG-Terminals würde unsere Abhängigkeit auf Jahrzehnte vergrößern und das fossile Zeitalter inmitten der Klimakrise völlig unnötig verlängern.”

Terror gegen Flüssiggas-Tanker

Zumal sich die schwimmenden Anleger in Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Stade und Lubmin, anders als von Habeck propagiert, kaum wirtschaftlich zu einem späteren Zeitpunkt auf grünen Wasserstoff umrüsten lassen. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls Forscher des Karlsruher Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in einer aktuellen Studie.

Hinzu treten Befürchtungen, die Flüssiggas-Tanker könnte Ziel terroristischer Anschläge werden. Die islamische Hisbollah hat bereits mit Angriffen gedroht. Würde ein Schiff in einem Hafen in die Luft fliegen, könnte verpuffendes Gas Großbrände im Stadtgebiet auslösen. Davor warnen beunruhigte Bürger in den USA, England und Frankreich und gründen Protestgruppen. In Deutschland ist es noch ruhig.

Mehr: rnd globalwitness Guardian Spiegel

Dieter Dürand

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