Während das Ziel von Wirtschaftsminister Robert Habeck, jährlich 500 000 Wärmepumpen in Deutschland zu installieren, sich als Illusion zu erweisen droht, kaprizieren sich Kommunen auf aussichtsreiche Großwärmepumpen anstelle des Klein-klein fürs Eigenheim.
500 000 neu installierte Wärmepumpen pro Jahr hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen als Ziel für Deutschland ausgegeben, um weniger fossile Brennstoffe zur verheizen. Das Erreichen der Vorgaben liegt nicht nur in weiter Ferne, im vergangenen Jahr gingen gerade einmal 356 000 Wärmepumpen hier zu Lande neu in Betrieb, halb so viel wie Gas- und Ölheizungen. Projekte mehrerer deutscher Kommunen nähren auch die Zweifel, ob jedem Eigenheim seine Wärmepumpe die wirtschaftlichste Idee ist, das Heizen klimafreundlich zu gestalten. Statt auf das Klein-klein fürs Eigenheim setzen Städte wie Berlin, Köln, Mannheim, Kiel und Lemgo auf Großwärmepumpen, die über Fernwärmenetze gleich zigtausend Haushalte auf einmal versorgen. „Die Themen Quartierswärme und Fernwärme gewinnen europaweit an Bedeutung. Großwärmepumpen spielen dabei eine Schlüsselrolle und werden in vielen Fällen klassische Heizkraftwerke verdrängen oder zumindest ergänzen“, so Christian Hüttl, Leiter Wärmepumpen beim Hersteller Siemens Energy. „Daraus leitet sich eine Welle von Projekten ab.“
Großwärmepumpen in Berlin für zigtausend Haushalte
In Berlin laufen gerade sogar zwei Großprojekte. Das eine gehört zum Fernheizkraftwerk Neukölln, das andere zum Kraftwerksstandort Reuter West. Hier entsteht gerade eine Großwärmepumpe mit einer Leistung von 70 Megawatt. Das reicht, um rund 45 000 Haushalte klimafreundlich mit Fernwärme zu versorgen und rund 50 000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr zu vermeiden, so viel wie 36 000 Mittelklasse-Pkw im Schnitt jährlich ausstoßen. Mannheim betreibt seit Oktober vergangenen Jahres eine Großwärmepumpe, die nicht wie üblich der Luft, sondern dem Rhein Energie zum Heizen entzieht. Die Anlage mit einer Leistung von 20 Megawatt für 3 500 Haushalte war zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme die größte in ein Fernwärmenetz integrierte Wärmepumpe in Deutschland und eine der größten Anlagen dieser Art in Europa.
Großwärmepumpe in Köln sogar für 50 000 Wohneinheiten
Richtig in die Vollen geht Köln. Die Domstadt will ebenfalls den Rhein anzapfen, allerdings mit einer Großwärmepumpe, die über eine Leistung von 150 Megawatt verfügt, mehr als doppelt so viel wie das Monstrum in Berlin-Neukölln. Die Superanlage ist für das Fernwärmenetz der Innenstadt gedacht und soll einmal rund 50 000 Wohneinheiten beheizen. Der Baubeginn soll in diesem Jahr, die Inbetriebnahme Anfang 2027 erfolgen. Ebenfalls mit Wasser, nur aus der Ostsee, arbeitet die Großwärmepumpe, die Kiel 2028 in Betrieb nehmen will. Zu den Pionieren bei den Großwärmepumpen zählt Lemgo in Niedersachsen, wo bereits 2019 eine Großwärmepumpe in Betrieb ging, die dazu beitragen soll, dass das historische Zentrum der 41 000-Einwohner-Stadt klimaneutral mit Wärme versorgt werden kann.
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In Wien wurde 2023 eine Großwärmepumpe in Betrieb genommen, die 58.000 Haushalte mit Fernwärme versorgt. Die Wärme liefert das Abwasser der Kläranlage Wien, dass immmer ca. 20Grad Celsius aufweist. Der zweite Ausbaucschritt ist derzeit im laufen und wird weitere 58.000 Wiener Haushalte mit CO2freier Fernwärme versorgen.