Umweltverbände brandmarken die EU-Einstufung von Gas- und Atomkraftwerken als klimafreundliches Invest als Greenwashing. Jetzt halten sie mit einem eigenen Finanzlabel dagegen. Es beruht auf einem einfachen Ampelsystem.
Es war ein Kuhhandel zwischen den Regierungen in Bonn und Paris, dem die Brüsseler EU-Kommission vergangenes Jahr schließlich zustimmte. Gegen den Willen des EU-Parlaments und ungeachtet lauter Proteste von Natur- und Klimaschützern. Die Franzosen dürfen Investments in neue Atommeiler ein klimafreundliches Finanzlabel aufkleben; die Deutschen solchen in Gaskraftwerke.
Finanzlabel contra Greenwashing
Klarer Fall von Etikettenschwindel, sagen Umweltorganisationen wie der World Wide Fund for Nature (WWF) und die Europäische Koalition für Umweltstandards (ECOS). Und beklagen viele weitere Grauzonen und Greenwashing-Versuche im Markt nachhaltiger Investments.
Gerade erst hat ein Rechercheverbund, darunter der britische Guardian, einen fragwürdigen Handel mit vermeintlichen Klimaschutz-Zertifikaten für Waldprojekte aufgedeckt. Ein eigenes Prüfsiegel soll Anlegern künftig die Sicherheit geben, dass ihr Geld in echte ökologisch und sozial saubere Fonds und Projekte fließt. Wissenschaftlich fundiert und leicht verständlich.
Klarheit durch nachprüfbare Kriterien
Grundsätzlich begrüßen die Verbände den Ansatz der EU, wirtschaftliche Aktivitäten mit ihrer sogenannten Taxonomie-Verordnung in nachhaltige und nichtnachhaltige einzuteilen. Und Gelder vor allem in die erste Kategorie zu leiten, um den Klimaschutz voran zu bringen. Das grüne Finanzlabel soll nun Klarheit zu den Kriterien bringen und ihre Einhaltung überprüfen.
Jochen Krimphoff, WWF-Experte für grüne Geldanlagen, gibt ein anspruchsvolles Versprechen ab. “Akteure der Finanz- und Realwirtschaft können mit der erweiterten Taxonomie deutlich genauer angeben, ob und wie eine wirtschaftliche Aktivität zur grünen Transformation beiträgt.”
Einfache Ampelmechanik
Damit sich Kleinanleger, Großinvestoren und Finanzinstitute nicht stundenlang über die komplizierte Materie beugen müssen, etablieren WWF und Mitstreiter eine Ampel. Rot bedeutet: Finger weg! Gelb: Solala. Grün: Echtes Plus für Umwelt und Klima (siehe Grafik unten).
Krimphoff hebt die neue Übersichtlichkeit hervor: “Die Ampelmechanik ermöglicht es, grundsätzlich alle wirtschaftlichen Aktivitäten zu betrachten und in Bezug auf ihre Effekte auf Klima und Natur einzuordnen.”
Bei der Überwachung, ob die Kriterien erfüllt werden, vertrauen die Umweltorganisationen auf die unabhängige “Beobachtungsstelle für Greenwashing”.
Beratungspflicht zu grünen Geldanlagen
Die Gründung des Labels kommt zur rechten Zeit. Denn seit August vergangenen Jahres gelten EU-weit neue Beratungspflichten. Banken, Finanzspezialisten und Versicherungsvermittler müssen seither ihre Kunden gezielt nach ihrem Interesse an grünen Geldanlagen und verantwortbaren Investments befragen.
Die Verunsicherung auf allen Seiten ist groß. Nach Meldungen über grün gefärbte Investmentfonds zogen Anleger Milliarden wieder ab. Der Kasseler Finanzprofessor Christian Klein sieht große Herausforderungen auf die Branche zukommen. “Die Umsetzung der Vorgaben ist für die Berater ein Wahnsinn”, findet er.
Tipps für ökobewegte Investoren
Eine klare Empfehlung für ökobewegte Anleger hält die unabhängige Plattform “Finanztip” parat. Deren Experten raten, das Geld in börsengehandelte und breit gestreute Aktien-Indexfonds (ETF) zu stecken, die sich gezielt an nachhaltig ausgerichteten Unternehmen beteiligen. Andere grüne Anlagenformen seien derzeit “entweder deutlich teurer oder zu riskant”, urteilen die Berater.
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