Hochwasser: Ein Viertel mehr Risikogebiete

Hochwasser im Gefolge der Erderhitzung bedrohen weltweit inzwischen viele Millionen Menschen mehr als noch zur Jahrtausendwende. Der Trend wird sich noch verstärken.

Überschwemmte Altstadt von Meißen bei Hochwasser der Elbe
Überschwemmte Altstadt von Meißen beim Elbhochwasser Nachdenken über Vorsorgemaßnahmen Foto: Pixabay

Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie Forschender um Beth Tellman von der Universität Arizona. Das Team um die Geowissenschaftlerin wertete dazu hochpräzise, tägliche Satellitenaufnahmen aus, die in der Datenbank “Global Flood Database” gesammelt werden. Und korrelierte die Daten mit Zahlen zur Bevölkerungsdichte in von Überschwemmungen betroffenen Gebieten.

Fast 1000 Hochwasserkatastrophen seit dem Jahr 2000

Die Analyse ergab: Die Zahl der von Hochwassern heimgesuchten Menschen stieg im untersuchten Zeitraum von 2000 bis 2018 um ein Viertel. Bis zu 290 Millionen Einwohner in den Überschwemmungsgebieten mussten sich und ihr Hab und Gut vor den Fluten so gut es ging in Sicherheit bringen. Fast 1000 Hochwasserkatastrophen zählten die Wissenschaftler, vor allem an den Küsten und entlang der Flüsse.

Und es wird nicht besser – im Gegenteil. Tellman prognostiziert, dass der Trend bis 2030 noch an Tempo zulegt. 57 Länder, ganz besonders in Nordamerika, Zentralasien und Zentralafrika, hat sie ausgemacht, in denen der Anteil der Bevölkerung stark steigt, dem Überschwemmungen drohen. Neben dem Klimawandel als Haupttreiber erhöhten die zunehmende Versiegelung der Böden und der Bevölkerungszuwachs das Risiko, so Tellman.

In Tennessee starben 21 Menschen in den Fluten

Jüngste Katastrophen passen zu den düsteren Aussichten. Im US-Bundesstaat setzte Tropensturm “Henri” dieser Tage mit sturzflutartigen Regenfällen weite Landstriche unter Wasser. 21 Menschen starben in den Fluten, die Häuser wegschwemmten, Straßen unterhöhlten und vielerorts die Stromversorgung unterbrachen. Präsident Joe Biden rief daraufhin den Katastophenfall aus. Schon im März versanken weite Teile des australischen Bundesstaats New South Wales nach außergewöhnlich ergiebigem Extremregen in den Wassermassen.

Deutschland wiegte sich in falscher Sicherheit

Die Deutschen wähnten sich bis vor kurzem relativ geschützt gegen Extremereignisse wie in Tennessee. Doch dann rissen Jahrhundert-Niederschläge im Ahrtal und anderen Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen annähernd 200 Menschen in den Tod. Vorbei war es mit der vermeintlichen Sicherheit. Für den Klimaforscher Mojib Latif steht fest, dass wir uns auch hier zu Lande an solche Extreme gewöhnen müssen.

Effektive Frühwarnsysteme und das Modell Schwammstadt

Für Brenden Jongman, Spezialist für Katastrophenrisikomanagement bei der Weltbank, ist die Tellman-Studie kein Anlass, in Fatalismus zu versinken. Sie zeige vielmehr Wege auf, sich vorbeugend auf solche Extremwetter einzustellen und Schäden möglichst klein zu halten. Dazu zählt er Investitionen in den Hochwasserschutz, erhöhte Baustandards, den Aufbau gut funktionierender Frühwarnsysteme und die Überarbeitung von Bebauungsplänen, um die Besiedlung besonders bedrohter Gebiete zu verbieten.

Gerade dicht besiedelte Städte sind hoch gefährdet. Ein Modell zu verhindern, dass Straßen und Keller allzu schnell voll laufen, wenn es vom Himmel schüttet, sind sogenannte Schwammstädte. In ihnen bändigen ober- und unterirdische Auffangbecken, Flutrinnen und Sickerschächte die Wassermassen – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Berlin und Bayern haben bereits begonnen, das Konzept umzusetzen.

Mehr: Nature

Von Dieter Dürand

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