Recht auf Reparatur: Instandsetzen geht vor Wegschmeißen

Das EU-Parlament beschließt ein Recht auf Reparatur vom Staubsauger bis zum Handy. Was das für Verbraucher und Ressourcenschonung bedeutet.

Fehlersuche auf einer kaputten Rechnerplatine - Recht auf Reparatur statt Neukauf
Gegen Berge von Elektroschrott EU-Parlament stimmt für Recht auf Reparatur Bild: Pixabay

Kaum gekauft, schon kaputt. Und jetzt? Ab in den Müll und ein neues Teil kaufen? Dieser Praxis will das EU-Parlament einen Riegel vorschieben. Mit 590 Ja- bei je 15 Nein-Stimmen und Enthaltungen nahm es eine Richtlinie der EU-Kommission an, die Europas Verbrauchern ein “Recht auf Reparatur” einräumt. Um es in Kraft zu setzen, müssen jetzt noch die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat die Regeln absegnen.

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Recht auf Reparatur stärkt Position der Verbraucher

Mit dem Gesetzentwurf kommt Brüssel einem Wunsch der EU-Bürger nach. Einer Umfrage zufolge ziehen 77 Prozent die Reparatur einem Neukauf vor. In Deutschland tendieren laut Zahlen des Bundesverbands Verbraucherzentrale immerhin 60 Prozent zu einer solchen Entscheidung (siehe Grafik unten). Tatsächlich würden derzeit aber nur 22 Prozent aller defekter Geräte wieder hergerichtet.

Um den Anreiz zur Instandsetzung noch zu verstärken, haben die EU-Parlamentarier die Position der Verbraucher in mehreren Punkten gestärkt. So mit einer einjährigen zusätzlichen Garantiezeit auf reparierte Produkte und der Möglichkeit, eine zu lange Wartezeit mit einem Ersatzgerät zu überbrücken. Zudem sollen die Wettbewerbsbehörden darauf achten, dass Ersatzteile zu fairen statt zu Mondpreisen angeboten werden.

Die Grafik zeigf, dass 60 Prozent der Deutschen Geräte lieber reparieren lassen würden statt ein neues zu kaufen
Bundesbürger mehrheitlich aufgeschlossen für Reparatur ihres Kühlschranks oder Fahrrads
Grafik: Bundesverband Verbraucherzentrale

Das alles sind große Anreize für Verbraucherinnen und Verbraucher, ihr Produkt zu reparieren”, ist die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, überzeugt. Durch den häufigen Quasi-Zwang zur Neuanschaffung entstünden ihnen europaweit vermeidbare Mehrkosten von 12 Milliarden Euro pro Jahr, kritisiert die Grünen-Politikerin.

Forderung nach einem Reparaturbonus

Zum Paket gehört auch die Verpflichtung von Händlern und Herstellern zu einer kostenlosen Reparatur innerhalb der Garantiezeit. Ausnahme: Der Kunde möchte das nicht, oder die Fehlerbehebung ist unmöglich oder teurer als ein Austausch.

Nach Haushaltsgeräten wie Kühlschrank, Staubsauger und Waschmaschine und Elektronikprodukten wie Smartphone und Rechnern haben die EU-Abgeordneten das Recht auf Reparatur auf Fahrräder ausgeweitet. Den Verbraucherschützern geht das noch nicht weit genug. Sie fordern mehr oder weniger alle reparaturfähigen Warengruppen einzubeziehen. Überdies schlagen sie einen Reparaturbonus nach dem Vorbild Österreichs oder Thüringens vor. Wer dort ein Gerät wieder fit machen lässt, dem werden bis zu 200 Euro erstattet.

Verbot geplanter Obsoleszenz

Stefan Schridde, Gründer der Plattform “Murks nein Danke”, ist noch etwas anderes ein Dorn im Auge. “Um Ressourcen zu schonen, brauchen wir Produkte, die auf Dauerhaftigkeit ausgelegt sind.” Tatsächlich aber verkürzten Hersteller die Lebensdauer mit allerlei Tricks absichtlich, um den Verkauf neuer Ware anzukurbeln. Geplante Obsoleszenz heißt das fiese Manöver.

Beispielsweise würden statt haltbarer Zahnräder aus Metall schnell ausfransende Kunststoff-Pendants eingebaut. Oder es lassen sich auf Computer und Smartphones keine Updates mehr aufspielen. Dann besorgen sich die Besitzer ein neues Gerät, obwohl das alte noch völlig in Ordnung ist.

Weniger Abfall und Treibhausgase

Solcher Wahnsinn ist nicht nur ärgerlich für die Verbraucher. Er schadet darüber hinaus massiv der Umwelt. Das zeigen Berechnungen der EU. Reparaturfähige Konsumgüter wegzuwerfen, verursacht demnach jährlich unnötigerweise europaweit zusätzliche Treibhausgase von 261 Millionen Tonnen – ausgedrückt in CO2-Äquivalenten. Zudem erhöhen die Gegenstände die Abfallberge um 35 Millionen Tonnen. Schließlich werden auf diese Weise 30 Millionen Tonnen Ressourcen verschwendet.

Gut, dass solcher Umweltfrevel nun enden soll.

Mehr: europarlament euractiv vzbv

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