Rohstoffe stetig neu zu verwenden, ist Ziel der Kreislaufwirtschaft. Nun eignen sich auch Asche und Mischplastik erstmals fürs Recycling.
Das Potential ist gewaltig. Würden Europas Entsorger Abfall konsequent wiederverwerten statt ihn zu verbrennen oder zu deponieren, ersparte das dem Klima in den nächstens 20 Jahren rund 300 Millionen Tonnen CO2. Die Recycling-Möglichkeiten dafür werden neuerdings immer breiter.
Eine spektakuläre Innovation bringen jetzt der Berliner Müllspezialist Interzero und der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV gemeinsam an den Start. Im baden-württembergischen Walldürn nördlich von Heilbronn bauen sie für 170 Millionen Euro Europas größte, vollautomatische Sortieranlage für chemisches Recycling. Von 2026 an soll sie pro Jahr 260 000 Tonnen bisher nicht verwertbarer Mischkunststoffe aus dem Gelben Sack herausfischen.
Vollautomatische Sortieranlage für chemisches Recycling
Die gehen nach Schwechat bei Wien, wo OMV das Plastik mittels einer neuen, patentierten Technologie zu Polyolefinen verarbeitet. Die Polymere sind wichtiger Bestandteil viel genutzter Kunststoffe wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Mit 11,2 Millionen Tonnen entfällt knapp die Hälfte des europäischen Gesamtjahresverbrauchs an Kunststoffen aus Polyolefine. Die Österreicher planen die Entwicklung einer ReOil-Anlage mit einer Jahreskapazität von 200 000 Tonnen.
Interzero-Vorstandschef Axel Schweitzer sieht mit dem neuen Verfahren einen Durchbruch erreicht. „Rohstoffe, die bisher verbrannt wurden, erhalten so ein zweites Leben. Es schließt sich ein weiterer Rohstoffkreislauf.“
Kiesersatz aus der Müllverbrennung
Lässt es sich nicht vermeiden, Abfall in einem Müllofen den Flammen zu überlassen, kann die zurückbleibende Asche dennoch wertvoller Rohstofflieferant werden. Davon ist jedenfalls Björn Siebert überzeugt, Professor am Labor für Bau- und Werkstoffprüfung der Technischen Hochschule (TH) Köln. Der Forscher möchte die mineralischen Anteile in den jährlich rund 5,7 Millionen Tonnen anfallender Asche in gefragte Baumaterialien umwandeln.
Zum Beispiel „um natürliche Ressourcen wie Kies und Sand bei der Betonherstellung zu ersetzen“, erläutert Siebert. Erste Proberezepturen aus dem Labor stimmen ihn hoffnungsvoll. Bis zur Hälfte des Kies ließe sich einsparen, ist der Experte sicher. Und auch Pflastersteinen könne die Müllasche zur notwendigen Langlebigkeit und Stabilität verhelfen, ergänzt er.
Im nächsten Schritt wollen die Kölner ein großtechnisches Verfahren für die Aschenutzung entwickeln. Eine Herausforderung dabei: Die in der Asche enthaltenen giftigen Schwermetalle müssen sicher entfernt werden können.
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