Gerne verdammen Kommentatoren die Erneuerbaren als unzuverlässig. Vor allem wenn es schneit und friert. Die Fakten entlarven das als Propaganda.
Wie sehr muss es die notorischen Warner vor Blackouts wurmen, wenn die Stromnetze stabil bleiben, obwohl der Anteil der Erneuerbaren stetig steigt. Ob in den USA oder bei uns, wo sie im gerade abgelaufenen Jahr erstmals mehr als die Hälfte zur Bruttostromerzeugung beitrugen – exakt 52 Prozent. Dennoch sank die Zahl der Störfälle auf ein Rekordtief. Wie dumm aber auch.
Wenn aber die eigenen düsteren Prophezeiungen ausbleiben, was dann tun? Am besten die Wahrheit ein bisschen biegen, bis sie zur eigenen Propaganda passt. Zwei jüngste Vorfälle beleuchten die dreiste Methode.
Erneuerbaren mit Fake News in Misskredit bringen
In der USA erfroren im Januar in der eisigen Polarluft massiver Winterstürme nicht nur mindestens 50 Menschen. In den Schneemassen blieben auch Autos stecken, Flugzeuge mussten am Boden bleiben und in manchen Landesteilen wie etwa Texas hatten die Netzbetreiber Probleme, die Stromversorgung aufrecht zu erhalten. Flugs hatte Jason Hayes, Kommentator bei „USA Today“, den Schuldigen dafür ausgemacht: die Erneuerbaren.
Zu oft ließen sie die Amerikaner bei harschen Wetterbedingungen im Kalten sitzen, schreibt Hayes. Die Windräder würden einfrieren, behauptet er. Und die Sonne zu selten scheinen. Seine Schlussfolgerung: Trotz Ausbau der Solar- und Windkraftkapazitäten könnten die USA nicht darauf vertrauen, dass die Erneuerbaren „im Winter genügend Energie erzeugen“.
Tatsächlich schwächelten Atom- und Gaskraftwerke
Es ist leicht zu erraten, worin der Meinungsmacher den Ausweg aus der angeblichen Energiekrise sieht. Schluss mit dem Abschalten von Kohle- und Gaskraftwerken, fordert Hayes Politikerinnen wie die Gouverneurin des US-Bundesstaats Michigan, Gretchen Whitmer, zur Abkehr vom Ziel einer hundertprozentigen Energieversorgung auf Basis regenerativer Quellen auf.
Mit dieser Haltung wärmt Hayes eine Argumentation aus dem Winter 2021 auf, als während einer Kältewelle schon einmal Millionen Texaner wegen eines Tage andauernden Stromausfalls ohne Licht und Heizung in ihren Häusern ausharren mussten. Doch schon damals widerlegte ein Faktencheck, veröffentlicht in renommierten Medien wie der britischen BBC oder Scientific American, die Erzählung von vereisten Windrädern und einem Versagen der Erneuerbaren.
Tatsächlich mussten die Texaner bibbern, weil ein Atomkraftwerk und mehrere Gaskraftwerke Probleme mit dem Frostschutz hatten. Sie mussten herunter gefahren oder ganz abgeschaltet werden. Dagegen lieferten die Windparks weitgehend störungsfrei Strom.
Auch deutsche Gegner der Energiewende verbreiteten in sozialen Medien wie Facebook damals das Märchen von den unzuverlässigen regenerativen Quellen. Ein Faktencheck der Nachrichtenagentur AFP entlarvte die Behauptungen als puren Unsinn. „Deutschlands Solar- und Windkraft hat bei kaltem Wetter nicht versagt“, titelten die Autoren.
Die Mär vom E-Bus-Chaos in Oslo
Doch irgendwie muss sich der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas doch diskreditieren lassen. Begierig stürzten sich daher Journalisten von „Bild“, „FAZ“ und dem laut „Spiegel“ auf Empörung spezialisierten Blog „Tichys Einblick“ im Dezember auf Meldungen aus Norwegen.
Was war dort Schlimmes geschehen?
Die Hauptstadt Oslo will ihren Nahverkehr wie andere Städte bis zum Ende dieses Jahr komplett emissionsfrei betreiben. Daher ersetzen Elektrobusse die bisherigen Dieselfahrzeuge. Als Frost und Schnee auch Norwegen ungewöhnlich hart in die Mangel nehmen, bleiben tatsächlich Busse liegen, müssen einige Touren gestrichen werden.
Ladegeräte für eisige Temperaturen nachgerüstet
Aufgeschreckt von der Häme aus dem Ausland stellt der Busbetreiber Ruter in einer Presseerklärung aber schnell klar: „Das betraf für wenige Tage im Durchschnitt zwischen 50 und 100 von mehr als 4000 Abfahrten am Tag.“ Hiesige Pendler wären wahrscheinlich froh über eine so geringe Ausfallquote. Inzwischen läuft der Verkehr wieder weitgehend normal.
Was die Ruter-Techniker unterschätzt haben. Die Ladegeräte in den Bussen waren ungenügend auf sehr tiefe Temperaturen ausgelegt. Der Effekt: Die Batterien entleerten sich zu schnell, die Fahrzeuge kamen nicht so weit wie geplant.
Erneuerbaren auch unter Extrembedingunen alltagstauglich
Inzwischen sei das Problem behoben, versichert das Unternehmen. Die Ladegeräte wurden so verstärkt, dass sie auch bei Temperaturen bis zu minus 30 Grad Celsius volle Leistung bringen. Um die Batterien bei der Klimatisierung der Busse zu schonen, werden diese vorgewärmt, bevor sie in die Kälte ausrücken. Schließlich plant der Betreiber bei der Fahrplangestaltung längere Ladezeiten ein.
Seither steuern die Busse die Haltestellen wieder weitgehend pünktlich an. Von wegen Schönwettertechnik. Die klimaschonenden Alternativen erweisen sich auch unter extremen Bedingungen als alltagstauglich – egal ob Stromer, Windrad oder Solardach.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar