Gegner der Energiewende warnen, das Stromnetz könne kollabieren, je mehr Wind- und Solaranlagen mitspielen. Tatsächlich sinkt die Zahl der Störfälle.
Wie von der Ampelregierung gewollt, decken Wind, Sonne und Biomasse einen wachsenden Anteil des Stromverbrauchs. Im ersten Halbjahr war es mit 52 Prozent schon mehr als die Hälfte. Und treten die Prognosen für den November ein, springt der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung auf rund 75 Prozent. Das ist von der angestrebten Vollversorgung mit sauberer Ökoenergie nicht mehr weit entfernt. Dennoch ist die Gefahr eines Blackouts, bei dem das Stromnetz großflächig zusammenbricht, offenbar nicht gestiegen. Anders als von Netzbetreibern, Energiekonzernen und Oppositionspolitikern wie dem CDU-Chef Friedrich Merz gerne herauf beschworen. Und trotz Atomausstiegs.
Stromnetz von Blackouts weit entfernt
Für die Stabilität der Versorgung sprechen jedenfalls die jetzt vorgelegten Zahlen der Bundesnetzagentur. Demnach saßen die Haushalte vergangenes Jahr im Durchschnitt überschaubare 12,2 Minuten im Dunkeln oder konnten nicht kochen – 0,5 Minuten weniger als 2021 (siehe auch Grafik unten). Behördenchef Klaus Müller warnt daher vor jeder Art der Panikmache. “Die deutsche Stromversorgung bleibt sehr verlässlich”, bekräftigt er.
Müllers Einschätzung teilt Dominik Möst, Professor für Energiewirtschaft an der Technischen Universität (TU) Dresden. “Die Wahrscheinlichkeit für einen großen Blackout ist weiter sehr gering.”
Mit seiner kleinen Zahl an Störfällen nimmt die Bundesrepublik einen europäischen Spitzenplatz ein. Nur die Schweizer waren mit sieben Minuten noch seltener ohne Strom. Dagegen waren beispielsweise die Italiener mehr als eine Stunde, Österreicher immerhin noch mehr als eine halbe Stunde von der Versorgung mit Elektrizität abgeschnitten.
Im innerdeutschen Vergleich weist Brandenburg mit 19,21 Minuten die schwächste Versorgungssicherheit auf. Auch in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg fiel der Strom vergleichsweise häufig aus – zwischen 16 und 18 Minuten. Dagegen drückten Saarländer und Sachsen mit rund sechs Minuten Ausfallzeit am seltesten vergeblich auf den Stromschalter.
Fluktuierender Grünstrom keine Gefahr fürs Netz
Das beste Beispiel dafür, dass ein hoher Anteil fluktuierender Grünstrom die Netze nicht ins Straucheln bringt, ist Schleswig-Holstein. Zwar drehen sich zwischen Flensburg, Lübeck und Kiel sowie vor der Küste inzwischen Windmühlen mit einer Kapazität von 9800 Megawatt (MW). Das entspricht in etwa der Leistung von zehn sehr großen Kohlekraftwerken. Dennoch saßen die Verbraucher im nördlichsten Bundesland gerade einmal 7,7 Minuten ohne Strom da.
Mehr: Bundesnetzagentur pv-magazin
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