Verkehrswende: Städter unzufrieden mit dem Angebot an Bussen und Bahnen, Rad- und Fußgängerwegen

Um die Umwelt zu schonen, propagieren die Städte den Umstieg auf Bus und Rad. Doch deren Attraktivität sinkt. Die Verkehrswende kommt nicht voran.

Radfahrer quälen sich durch dichten Autoverkehr - kaum eine Stadt verfolgt ein schlüssiges Konzept für eine ökologische Verkehrswende, die Unzufriedenheit wächst
Radfahrer mitten im dichten Pkw-Verkehr Städte ohne Konzept für die ökologische Verkehrswende
Bild: ADAC.de/Martin Hangen

Dass Autofahrer über Staus und zu wenige Parkplätze klagen, ist im Sinne des Klimaschutzes vernachlässigbar. Freie Fahrt und billige Abstellmöglichkeiten für die Treibhausgase emittierenden Karossen wären schließlich eher kontraproduktiv, um eine ökologische Verkehrswende einzuleiten.

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Bedenklich ist hingegen ein anderes Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Automobilclubs ADAC zur Mobilität in Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern: Auch bei Radfahrern, Fußgängern und Nutzern von Bussen und Bahn wächst der Frust. Ganz offenbar versagen die Metropolen beim Schneidern attraktiver Verkehrsangebote jenseits des Autos.

Metropolen versagen bei einer attraktiven Verkehrswende

Mit Abstand am besten schneidet im Urteil der repräsentativ Befragten, darunter auch Pendler, noch Dresden ab – vor Leipzig und München. In der sächsischen Landeshauptstadt übertreffen die zufriedenen Verkehrsteilnehmer die unzufriedenen auf einer Indexskala um 26 Prozentpunkte. Das bedeutet dennoch wie überall einen Rückgang der Zufriedenheit gegenüber 2017 – wenn auch nur leicht um vier Prozentpunkte.

Besonders düster sieht es in Köln und Duisburg aus. Allein In den beiden Rheinstädten bewerten mehr Menschen das Verkehrsnetz negativ als positiv (siehe Grafik unten). Eine kräftige Klatsche für die örtlichen Verkehrsplaner.

Die Grafik zeigt, wie zufrieden Bewohner und Pendler mit dem Verkehrsangebot in 15 deutschen Großstädten sind
Vorbildliches Dresden, Blamage für Köln und Duisburg Zufriedenheit mit dem Verkehrsangebot
Quelle: ADAC Grafik

Mit welchen Konzepten aber verdient sich die Elbperle ihre Spitzenbewertung?

Dresden punktet mit hoher Haltestellendichte

Entscheidend ist laut Urteil der ADAC-Experten ein weitsichtiger Entwicklungsplan, der bis zum Jahr 2045 reicht und konsequent abgearbeitet wird. Im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) goutieren die Dresdener die Dichte der Haltestelle, kurze Umsteigewege und zuverlässige Fahrtinformationen über elektronische Anzeigen und Apps. Viel Anklang finden auch inzwischen 60 übers Stadtgebiet verstreut eingerichtete Mobilitäts-Infosäulen. Sie informieren beispielsweise über Strom-Tankstellen sowie Leihrad- und Carsharing-Angebote in der Nähe.

Kritik an Sauberkeit und überhöhten Tarifen

Unmut äußern die Befragten beim ÖPNV bundesweit vor allem über fehlende Sauberkeit in Bussen und an den Haltestellen, ausgefallene Fahrten und überhöhte Tarife. Ganz besonders verärgern ausbleibende Informationen bei Störungen und der Mangel an Pkw-Parkplätzen an Bahnhöfen und Stationen (siehe Grafik unten). Dieser dürfte so manchen Pendler aus dem Umland vom Umsteigen abhalten.

Die Grafik zeigt, was ÖPNV-Nutzer loben und kritisieren
Was ÖPNV-Nutzer zu kritisieren haben – und loben Quelle: ADAC Grafik

Während sich die Fußgänger neben maroden und schlecht beleuchteten Gehwegen vor allem über das von den Verantwortlichen wenig beeinflussbare rüde Verhalten von Auto-, Rad- und E-Scooter-Fahrern echauffieren, drückt die Pedaltreter der Schuh mehrheitlich noch ganz woanders. Sie monieren holprige und bruchstückhafte Radwege, fehlende Verkehrssicherheit, schlechte Ausschilderung sowie fehlende Mitnahmemöglichkeiten des Velos in Bus und Bahn (siehe Grafik unten).

Die Grafik zeigt, welche Mängel Radfahrer in den Städten am meisten stören
Was Fahrradfahrer am meisten ärgert Quelle: ADAC Grafik

ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sieht unter anderem eine Kernursache für die rückläufige Zufriedenheit mit der Verkehrssituation. „Sicherlich spielt die Zunahme des Pkw-Bestands in den Großstädten eine große Rolle, aber auch der stärkere Pendlerverkehr und die verschärfte Flächenkonkurrenz zwischen Auto, Rad und Fußgängern.”

Verkehrslärm begünstigt Angststörungen und Herzinfarkte

Um die Konflikte zu entschärfen und den Wünschen der Bürger entgegen zu kommen, empfiehlt Hillebrand etwas, das längst selbstverständlich sein sollte. Verkehr und Stadtentwicklung zusammen zu denken und alle Verkehrsarten aufeinander abzustimmen. Speziell für den Radverkehr fordert der Experte durchgängige Verbindungen und eine größere Rolle für separate Fahrradstraßen und geschützte Radfahrstreifen.

Dabei hätte der Vorrang für die Fortbewegung zu Fuß, per Rad und Bahn noch einen nach Ansicht des Umweltbundesamts (UBA) bisher zu wenig beachteten Vorteil: Der Lärmpegel in den Ballungsräumen würde wie die Feinstaubbelastung merklich sinken. Der Krach und seine Auswirkungen auf unsere Gesundheit sind laut UBA nicht zu unterschätzen. Verkehrslärm erhöht demnach nicht nur das Risiko für Depressionen und Angststörungen. Er begünstigt auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kann im schlimmsten Fall sogar Schlaganfälle und Herzinfarkte auslösen.

Mehr: adac ksta UBA

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