Stylish in die Pleite: Warum VanMoof in der Insolvenz landete

Der Amsterdamer Fahrradbauer galt als “Tesla der E-Bikes”. Letzlich scheiterte VanMoof an mangelndem Service und an Qualitätsproblemen.

VanMoof-E-Bike Schick und innovativ, aber leider Qualitätsprobleme (VanMoof)
VanMoof-E-Bike Schick und innovativ, aber leider Qualitätsprobleme (VanMoof)

Die Räder sind nicht nur todschick. Sie sind gespickt mit sinnvollen Innovationen: GPS zur genauen Ortung, eine Diebstahlsicherung, die ihren Nahmen verdient und einfach zu handhaben ist. Dazu eine pfiffige Smartphone-App, die Infos über Standort und zurückgelegte Fahrten liefert. Die Bikes von VanMoof fallen auf durch ihre unverwechselbaren, schnörkellosen Rahmen, der mehr ist als ein Design-Gadget. In ihm verbergen sich Akkus und die Elektronik.

Die Pleite war trotzdem nicht abzuwenden. Dabei hatten die Gründer zunächst eine beispielslose Erfolgsgeschichte geliefert. Im Jahre 2009 hatten die Brüder Taco und Ties Carlier den Radhersteller gegründet. Zunächst bauten sie nur Räder ohne E-Motor. Ab 2014 lieferten sie auch Räder mit E-Antrieb. Später bauten sie nur noch E-Bikes. Die Designer-Räder mit dem eigenwilligen Rahmen fanden zunehmend Liebhaber. 2019 war der Umsatz schon auf 40 Millionen Euro geklettert. 2020 bescherte die Corona-Pandemie den Brüdern ein Wachstum von 220 Prozent. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 verkauften die Niederländer mehr Räder als in den beiden Jahren davor.

Reichlich Kohle

Geld gab es scheinbar genug. 2020 sammelten die Gründer in einer Finanzierungsrunde 12,5 Millionen Euro ein. Ein Jahr später kamen in einer zweiten Runde 34 Millionen Euro zusammen. Kurz darauf gaben Fonds aus aller Welt sogar 108 Millionen Euro. Der Börsengang schien nur noch eine Frage der Zeit.

Früh setzten die Carlier-Brüder auf die Entwicklung eigener Komponenten. Damit war es ihnen möglich, die Preise um fast 40 Prozent zu senken. VanMoof-Bikes gingen deshalb auch unter 2 000 Euro an die Kunden. Doch die Verwendung von eigenen Komponenten hatte ihre Kehrseite. Nullachtfünfzehn-Fahrradwerkstätten waren oft nicht in Lage, selbst einfachste Reparaturen auszuführen. Da VanMoof die Räder im Direktvertrieb unter die Leute brachte und kaum über Vertragswerkstätten verfügte, mussten defekte Räder umständlich zur Reparatur eingeschickt werden. Wochen und Monate warteten die Kunden auf ihr repariertes Rad.

Mehr scheinen als sein

Dazu kam: Das schicke Design und ultrapraktische Innovationen wie der Kicklock, bei dem ein Stoß gegen einen Verschlussbolzen am Hinterrad das Rad abgeschlossen wird und sich beim Nähern des Smartphone wieder entriegelt, täuschten über häufige Qualitätsmängel hinweg. Damit nicht genug: Berauscht von ihrem Ideenreichtum brachte die Amsterdamer häufig Produkte zu früh auf den Markt. Und – wie so oft bei style-orientierten Anbietern – gab VanMoof viel Geld für Werbung und Marketing aus. Als die Pandemie zu Ende ging und sich der Absatz wieder normalisierte, konnte VanMoof Lagerbestände, Beschäftigtenzahl und Gemeinkosten nicht schnell genug herunterfahren.

Licht aus

Jetzt, nach der Pleite, fragen sich die Kunden, was passiert, wenn die Software für die vernetzten Räder nicht mehr aktualisiert wird. Fachleute schliessen nicht aus, dass die App eines Tages die Räder nicht mehr entriegeln kann. Oder das Licht sich weder ein- noch ausschalten lässt. Auch der hohe Anteil von eigenen Komponenten könnte für viele Räder die Verschrottung bedeuten, weil Ersatzteile anderer Anbieter nicht passen.

Ob die Pleite jedoch endgültig das Ende der Marke bedeutet, ist noch nicht ausgemacht. So sind die ausländischen Niederlassungen nicht in die Insolvenz einbezogen. Andererseits dürfte es angesichts der zurzeit schwierigen Lage der Fahrradindustrie deutlich schwerer sein, Financiers für VanMoof zu begeistern als vor zwei Jahren.

Mehr: t3n – digital pioneers; Handelsblatt

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