Umwelt-Aktivisten warnen vor Ausstieg aus dem Ausstieg

Kohle, Öl und Gas bleiben für Öko-Gruppen auch in der Energiekrise Reizworte. Sie betonen: Der exzessive Ausbau der Fossil-Wirtschaft hat Deutschland erst in die Abhängigkeit von Russland geführt.

Braunkohlengrube Garzweiler Beschleunigter Ausstieg aus Fossil-Wirtschaft: Jetzt erst recht! (Foto: www.ceus-design.de)

“Dieser Krieg ist ein fossiler Krieg”, meint dazu Carla Reemtsma von Fridays for Future im Nachrichtenportal Watson. Die Erlöse füllten die Kasse von Putins Regierung. Tag für Tag zahlten die EU-Länder für Öl, Erdgas und Kohle aus Russland eine Milliarde Euro. Reemtsma: “Die Liebe mancher Politiker für den russischen Autokraten und die Liebe fossiler Konzerne für billige Energie haben dafür gesorgt, dass mehr als die Hälfte der deutschen Energieimporte von eben jener Regierung stammen, die vor zwei Wochen die Ukraine angegriffen hat.”

Der Widerstand gegen die Energiewende habe Deutschland in eine Situation gebracht, in der ein drastischer Verzicht auf fossile Energieträger zumindest kurzfristig unmöglich sei. Nach Meinung von Reemtsma kann aber die Verlangsamung des Ausstiegs aus den fossilen Energien nicht die Antwort auf Krieg und Energiekrise sein.

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Geisterdebatte um Renaissance der Kohle

Für Verstimmung sorgten wiederholte Forderungen von Politikern und Wissenschaftlern nach einer Renaissance der Fossil-Energien auch bei den Naturschützern vom BUND. So bezeichnete der Geschäftsleiter NRW, Dirk Jansen, die Diskussion um eine verstärkte Braunkohleverstromung als “Geisterdebatte”. Jansen erinnerte daran, dass Kohlekraftwerke Gas nicht ersetzen können. Tatsächlich erzeugen Kohlekraftwerke fast ausschließlich Strom.

Vor allem die heimische Braunkohle eignet sich nicht für städtische Blockkraftheizwerke. Diese Kraftwerke liefern sowohl Strom wie Wärme für Fernheizungen. Der Transport von Braunkohle über weite Strecken lohnt sich nicht wegen des Wassergehaltes von 50 Prozent. Braunkohle-Kraftwerke befinden sich daher fast immer in Nähe des Abbaus. Sie liegen in der Regel so weit von großen Städten entfernt, dass ihre Verbrennung im Blockkraftwerk mit Fernwärme-Anschluss zu aufwendig ist.

Der Umstieg auf gut transportable Steinkohle ist jedoch auch keine Lösung. Sie würde die Abhängigkeit von Russland kaum vermindern. Die Hälfte der Steinkohle kommt, wie 55 Prozent des Erdgases, aus Russland.

Schlauchboot-Aktionen in Nordsee-Häfen

Daran erinnerte vergangene Woche die Umweltorganisation Greenpeace anlässlich von Aktionen in Nordseehäfen. Im Hamburger Hafen hatten zwanzig Greenpeace-Kämpfer in Schlauchboten gegen deutsch-russische Milliardengeschäfte in Kohle, Öl und Gas demonstriert. Die Schlauchboot-Aktivisten malten an der Bordwand des Frachters Grant T in zwei Meter hohen Buchstaben die Botschaften NO COAL und NO WAR. Das Schiff war mit 100 000 Tonnen russischer Steinkohle beladen. Auch in Bremen kam es zu Schlauchboot-Aktionen von Greenpeace.

Karsten Schmid, Greenpeace-Experte meinte zu der Aktion: “Falls in einer galoppierenden Klimakrise noch irgendwer einen Grund für einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien braucht, dann liefert Putins Angriffskrieg einen nachdrücklichen.“

Verzicht macht unabhängig

Die Öko-Aktivisten fordern darüber hinaus in einem Zehn-Punkte-Plan

  • ein generelles Tempolimit
  • den beschleunigten Einbau von Wärmepumpen
  • die Verlängerung der Möglichkeit zur Heimarbeit
  • autofreie Sonntage und
  • den Verzicht auf Freizeitfahrten

Die Maßnahmen des Plans könnten die Ölimporte aus Russland kurzfristig um ein Drittel senken. Schließlich spüle jede Tankfüllung, jede Heizöllieferung Geld in Putins Kriegskasse.

Mehr: Watson TAZ

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