Anti-Schrott-Gesetz: Recht auf Reparatur statt Wegwerfzwang

Mit einem Anti-Schrott-Gesetz macht die EU gegen die Vernichtung von Ressourcen und Werten mobil. Verbraucher erhalten ein Recht auf Reparatur.

Kaputtes Mobiltelefon - EU einigt sich auf ein Recht auf Reparatur
Reparatur eines Handys Gewährleistung von zwei auf drei Jahre verlängert Bild: Pixabay

Der Akku des Smartphones schwächelt. Austausch leider unmöglich, weil er fest verbaut ist. Der Bodenstaubsauger landet im Müll, obwohl nur ein Laufrad kaputt ist, der Hersteller jedoch kein Ersatzteil anbietet. Nach zähen Verhandlungen haben sich die Unterhändler des Europäische Rats und des EU-Parlaments nun geeinigt, solche Ressourcenverschwendung und Geldvernichtung zu beenden. Mit einem Recht auf Reparatur.

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Dieses umfasst vor allem Hausgeräte wie Kühlschränke, Küchenmaschinen und Staubsauger sowie elektronische Geräte wie Laptop und Handy. Aber eben nicht alle Waren. Möbel und Kopfhörer sind beispielsweise ausgenommen. Zugleich verlängert Brüssel die gesetzliche Garantie um ein Jahr. Heißt: Kunden können bis zu drei Jahre nach dem Kauf eine Instandsetzung verlangen.

Recht auf Reparatur für Handys und Staubsauger

Allerdings mit einem Hintertürchen für die Unternehmen. Wird ihnen eine Reparatur zu teuer, können sie ein Ersatzprodukt anbieten.

Der genaue Rechtstext muss noch ausgearbeitet werden. Stimmen Parlament und die EU-Staaten ihm zu, was als reine Formsache gilt, haben die einzelnen Länder zwei Jahre Zeit, den Kompromiss in nationales Recht umzusetzen.

Garantie für den Zugang zu Ersatzteilen

Die Einigung hat zwei Stoßrichtungen. Sie stärkt zum einen die Position der Verbraucher gegenüber Händlern und Herstellern. Weil es Monate gedauert hätte, ein Ersatzteil für das defekte Waffeleisen oder Rührgerät zu beschaffen und die Reparaturkosten unverhältnismäßig hoch waren, blieb oft genug nur der Neukauf.

Damit sei künftig Schluss, betont die Vorsitzende des Binnenmarkt-Ausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini (Grüne): „Reparatur wird einfacher und erschwinglicher, indem der Zugang zu Ersatzteilen zu einem angemessenen Preis und zu Reparaturanleitungen der Hersteller auch für kleine Repair Shops um die Ecke und Tüftlerinnen in ihren Garagen garantiert wird.“

Boni und Steuersenkung

Und noch etwas haben die Emissäre beschlossen, um das Instandsetzen attraktiver zu machen. Jeder EU-Staat soll mindestens ein Maßnahme ergreifen, um die Weiterverwendung zu fördern. Die Vorschläge reichen von Gutscheinen über eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturen bis zur Unterstützung von kommunalen Reparatur-Zentren. In Österreich und Thüringen etwa sind Reparaturboni schon Praxis. Wer dort ein Gerät wieder fit machen lässt, erhält eine Erstattung von bis zu 200 Euro.

Überdies plant die EU den Aufbau einer gemeinsamen Online-Plattform. Sie soll über Werkstätten in der Nähe, Anbieter von generalüberholten Produkten und Reparaturpreise informieren.

„Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Wegwerfgesellschaft zu leben“

EU-Parlament-Verhandlungsführer René Repasi

Mindestens ebenso wichtig wie die Stärkung der Verbraucherrechte sind den EU-Unterhändlern Umweltschutz und Ressourcenschonung. „Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Wegwerfgesellschaft zu leben“, sagt der Verhandlungsführer des Europaparlaments, René Repasi. Mit einer Zahl unterstreicht der SPD-Politiker die Dringlichkeit. Europas Verbraucher produzierten 35 Millionen Tonnen Müll im Jahr, weil Produkte statt repariert neu gekauft würden.

Weniger Treibhausgase dank Reparatur

Umgerechnet pro Kopf entsorgt jeder EU-Bürger durchschnittlich elf Kilogramm Elektro- und Elektronikschrott im Jahr. Deutschland liegt dabei mit 12,1 Kilogramm im oberen Mittelfeld. Besonders wegwerffreudig sind Österreicher, Finnen und Franzosen mit rund 15 Kilogramm (siehe Grafik unten).

Die Grafik zeigt, wie Aviel Kilogramm Elektro- und Elektronikschrott in jedem EU-Land pro Jahr gesammelt wird
Ein Anti-Schrott-Gesetz gegen wachsende Müllberge

Als die EU-Kommission das Anti-Schrott-Gesetz vor knapp einem Jahr anstieß, rechnete sie die enormen Einsparpotenziale vor: Über 15 Jahre würden 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgase vermieden, 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen geschont und zudem drei Millionen Tonnen Müll wegfallen, berichtete sie. Die Umwelt wird’s danken.

Mehr: Europaparlament heute.at

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