Welche kostbaren Rohstoffe sich in Mobiltelefonen und Laptops verbergen

Statt überall auf der Welt die Erde umzuwühlen, ließen sie Rohstoffe umweltschonend aus Altgeräten gewinnen. Deutschland sitzt auf einem großen Schatz.

Kostbare Rohstoffe von der Mülldeponie
Mülldeponie In Wirklichkeit eine wertvolle Mine für begehrte Rohstoffe Bild: Pixabay

Lieferkettenprobleme, Abhängigkeit von Diktaturen wie China und Russland bei wichtigen Materialien. Das Dilemma ließe sich sich deutlich abmildern, bediente Deutschland sich kräftig an einer bisher vernachlässigten heimischen Quelle für Rohstoffe. Der kostbare Schatz steckt in Altprodukten und in Altdeponien. Wie groß er ist, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln: Allein die Menge an Materialien in ausrangierten Smartphones würde ausreichen, um den Rohstoffbedarf für alle neuen Telefone zehn Jahre lang zu decken.

Rohstoffe schlummern in Schubladen

In der Liste fehlt fast nichts, was auf dem Weltmarkt knapp und teuer ist. Nahezu vier Tonnen Gold, 1947 Tonnen Silizium, 1388 Tonnen Kupfer beispielsweise stecken den Berechnungen der Kölner zufolge in den rund 210 Millionen Handy, die in deutschen Schubladen schlummern. Der gesamte Metallwert beläuft sich demnach auf knapp 240 Millionen Euro.

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Addiert man den Metallwert aller von 2009 bis 2020 verkaufter Computer, Digitalkameras, Drucker und Spielekonsolen hinzu, erhöht sich die Summe auf umgerechnet gut 2,1 Milliarden Euro (siehe auch Grafik unten). Der Betrag entspricht rund drei Prozent der Zahlungen Deutschlands 2020 für importierte Metalle.

Marktwert der Metall-Rohstoffe, die in von 2009 bis 2020 in Deutschland verkauften Elektronikgeräten stecken
Marktwert der in verkauften Elektrogeräten steckenden Metalle Grafik: IW

Viel Luft beim Aufbau einer zirkulären Ökonomie

Das Problem: Bei der Wiederverwertung und dem konsequenten Führen von Ressourcen in Kreisläufen, der sogenannten zirkulären Ökonomie, gibt es noch viel Luft nach oben. Das weitgehende Desinteresse verhindert bisher das Heben des Schatzes. Christian Hagelücken, Topmanager beim belgischen Recycling-Konzerns Umicore, drängt Europas Regierungen zum Umsteuern. “Unsere Altprodukte bieten eine heimische Rohstoff-Quelle, die wir nicht vergeuden sollten.” Gerade eine Industrienation wie Deutschland böte konsequentes Recycling die Chance, “ressourcenunabhängiger zu werden”.

“Unsere Altprodukte bieten eine heimische Rohstoff-Quelle, die wir nicht vergeuden sollten”

Christian Hagelücken, Umicore

Das scheint dringend geboten zu sein. Denn laut Bundeswirtschaftsministerium erhöhte sich die Zahl der kritischen Rohstoffe für Deutschland seit 2014 von 14 auf 30. Konsequenz: Nicht nur bei der Energie ist die Versorgungssicherheit gefährdet.

Altdeponien in Rohstoff-Minen verwandeln

Dabei lagern nicht nur in Altgeräten große Potenziale. Der Gießener Professor Stefan Gäth fand auf einer einzigen Altdeponie in Baden-Württemberg 60 000 Tonnen verwertbare Metalle. In ganz Deuschland finden sich 300 solcher stillgelegter Lagerstätten für Müll. “Wir müssen sie in moderne Rohstoff-Minen verwandeln”, fordert Gäth.

Viren fischen seltene Erden aus Energiesparlampen

Auch die Forschung liefert Impulse. Helmholtz-Wissenschaftler zum Beispiel knobeln an einem besonders revolutionär anmutenden Verfahren: Sie züchten spezielle Viren, die kleinste Spuren heiß begehrter seltener Erden aus entsorgten Energiesparlampen fischen. Diese Weichmetalle werden etwa für die Herstellung von Windrädern, Bildschirmen und Elektroautos benötigt. Derzeit kommen die seltenen Erden zu 90 Prozent aus China.

Europa nimmt Schwung

Langsam kommt Bewegung in den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Jüngst legten der Europäische Rat und das Europaparlament Gesetzespakete zum Akku-Recycling vor. Sie schreiben Abfallbetrieben vor, von nächstem Jahr an steigende Mengen Lithium, Kobalt, Blei und Nickel aus den Altbatterien zurück zu gewinnen. Bei Lithium zum Beispiel soll die Quote 2031 rund 80 Prozent erreichen.

Innovative Pilotanlage für Batterie-Recycling

Das dies zwar ambitioniert, aber nicht utopisch ist, beweist Umicore. Im westfranzösischen Nersac betreibt der Konzern mit der Automotive Cells Company (ACC) seit vergangenem Jahr ein innovative Pilotanlage. Sie extrahiert Kobalt, Nickel und Kupfer zu annähernd 100 Prozent aus ausgedienten Lithium-Ionen-Batterien. Und auch ein Großteil des Lithiums gewinnen die Partner zurück.

“Batterie-Recycling ist ein Schlüsselelement für eine nachhaltige Elektromobilität”, betont Umicore-Vizepräsident Dennis Goffaux . Womit er wohl recht hat.

Mehr: IW BMWK Umicore

Dieter Dürand

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