Draußen hui, zuhause pfui: Frankreich verpennt die Windkraft zur See

Total, EDF, Engie: In fremden Gestaden machen französische Windkraft-Konzerne dicke Geschäfte. An den heimischen Küsten hingegen sieht die Bilanz eher mager aus. Frankreich verfügt über keinen einzigen Offshore-Windpark.

Offshore-Windpark Französische Konzerne sind dick im Geschäft – vor allem im Ausland (Thomas G./Pixabay)

Das Land verfügt immerhin über 4853 Kilometer Küstenlinie. Vor allem die windreiche Atlantikküste bietet hervorragende Bedingungen für den Betrieb von Windparks. Die erste Anlage soll jedoch erst Ende des Jahres ans Netz gehen. Zum Vergleich: Deutschland hat weniger als ein Drittel der französischen Küstenlänge, bezieht aber bereits von 29 Windparks in heimischen Gewässern Strom. Spitzenreiter ist jedoch Großbritannien. Das Inselland verfügt über 44 Windparks.

Der Abstand zwischen dem Inselstaat als Vorreiter und dem Nachzügler Frankreich wird in den kommenden Jahren zwar schrumpfen. Frankreich will in den nächsten zehn Jahren 21 Offshore-Parks fertigstellen. Bis 2050 sollen es 50 werden. Doch selbst, wenn alle Projekte verwirklicht sind, kommt das Land bis 2050 bestenfalls auf 40 Gigawatt maximale Leistung. Das Vereinigte Königreich als selbsternanntes “Saudi-Arabien der Windkraft” hingegen will bereits 2030 auf 50 Gigawatt kommen – zwanzig Jahre früher als Frankreich. Szenarien regierungsnaher Institutionen sehen für das Jahr 2050 sogar über 95 Gigawatt vor.

Aufstand der Fischer

Anders als in Großbritannien hatte es die Windkraft auf See in Frankreich von Anfang an schwer. Vielerorts gab es Proteste. Vor dem bretonischen Saint Brieuc behinderten Fischerboote Arbeitsschiffe, die zur Montage der Windräder ausgelaufen waren.

Im Gegensatz zur Atomkraft, die vom Nimbus als urfranzösische Energiequelle lebt, gilt die Windenergie als spinnerte und unzuverlässige Ressource aus der nordischen Sphäre. Daran ändert die aktuelle Unzuverlässigkeit französischer Atommeiler wenig. Frankreichs Atompark ist zurzeit wegen Überalterung und mangels Kühlwasser nur zur Hälfte in Betrieb. Dem Land würde ein beschleunigter Ausbau der Offshore-Parks gut tun.

Ausgleich vor fremden Küsten

Französische Energiekonzerne wie EDF Renouvelables, Engie oder TotalEnergies haben sich von der verspäteten Offshore-Strategie der Regierung allerdings nicht anstecken lassen. Auf Profitchancen zu verzichten, kam für sie nicht infrage. Weil die Entwicklung vor den einheimischen Küsten von der Politik blockiert wurde, investieren sie seit Jahren in fremden Gestaden. Bereits kurz nach der Jahrtausendwende engagierte sich EDF Renouvelables beim Aufbau des Windparks C-Power in der belgischen Nordsee mit. Wenige Jahre später hielt der Staatskonzern zeitweise alle Anteile am Teesside-Projekt vor der Küste Nordenglands.

Die ersten Offshore-Ausschreibungen in Frankreich wurden erst 2012 eröffnet. Bis 2019 kamen nur zwei weitere hinzu. Die Folge: EDF Renouvelables betreibt, baut oder projektiert zwar Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 6,5 Gigawatt auf den Meeren dieser Welt. Doch nur knapp ein Drittel davon befinden sich in französischen Gewässern.

Ähnliches gilt für Engie und TotalEnergies. So ist Engie – zu 24 Prozent in Staatshand – an Portugals Pilotprojekt Windfloat Atlantic zu einem Viertel beteiligt. TotalEnergies mischt beim schottischen Großprojekt Seagreen mit – ebenso wie beim Windpark Scotwind, an dem auch Engie beteiligt ist. Beide Gruppen halten darüber hinaus Offshore-Konzessionen in den Vereinigten Staaten und Süd-Korea.

Vom Offshore-Geschäft im Ausland profitieren auch französische Schiffsbauer und Plattform-Dienstleiter wie Louis Dreyfus Armateur oder Bourbon Subsea. Dreyfus baute für den dänischen Betreiber Ørsted zwei Arbeitsschiffe von je 84 Meter Länge für Windparks vor der britischen und deutschen Nordseeküste. Bourbon Subsea installiert schwimmende Windräder vor den Küsten von Portugal, Schottland und Norwegen.

Mehr: Ouest-France

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