Großwärmepumpen – Wie Deutschland die Energiewende verspielt

Deutschland könnte seinen Wärmebedarf aus nachhaltigen Quellen locker mit Großwärmepumpen decken. Der Umbau scheitert am verzerrten Wettbewerb mit fossilen Energiequellen.

Fernwärmerohre Chancen der Großwärmepumpen verspielt (Willi Heidelbach/Pixabay)
Fernheizungsrohre Chancen der Großwärmepumpen verspielt (Willi Heidelbach/Pixabay)

Das Wärmepotential aus Umwelt- und Abwärme in Deutschland ist größer als der Bedarf für die Heizung von Wohnungen und Gewerberäume. Auch die Prozesswärme bis zu 200 Grad für die Industrie ließe sich aus dem Potential decken. Die gesamte, in Deutschland erschließbare Wärmeleistung, beläuft sich auf 1 500 Terawattstunden. Vor allem Großwärmepumpen könnten diese schlummernde Energiequelle erschließen. In dieser Rechnung ist das Potential der Wärme in der Umgebungsluft nicht einmal inbegriffen.

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Das Denklabor Agora Energiewende wollte es genau wissen und beauftragte die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) dazu mit einer Studie. Die Untersuchung berücksichtigte lediglich die oberflächennahe und tiefe Geothermie, Seen und Flussgewässer, Abwärme der Industrie, Abwasser, Kohlegruben und Rechenzentren. Ergebnis: Der hiesige Wärmebedarf liegt mit nur 1 000 Terawattstunden ein Drittel unter dem Potential dieser Energiequellen. „Deutschland verfügt über mehr Umwelt- und Abwärmequellen als wir brauchen, um den gesamten Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 Grad Celsius zu decken“, sagt Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. „Mit Großwärmepumpen werden diese Wärmequellen großflächig für die Fernwärmeversorgung und in der Industrie nutzbar.“

Großwärmepumpen in Deutschland unter ferner liefen

Heute schon könnten Großwärmepumpen die in den Wärmenetzen gängigen Temperaturen von 90 bis 110 Grad Celsius bereitstellen. Aber auch die in der Industrie vielfach benötigten höheren Temperaturen können Großwärmepumpen bis zu 200 Grad ohne Schwierigkeiten liefern. Dennoch ist der Anteil der Energie aus Großwärmepumpen in Deutschland mit nur 60 Megawatt aktuell zu vernachlässigen. Dabei könnte der von Großwärmepumpen über Wärmenetze gelieferte Wärmeanteil schon 2045 rund 70 Prozent erreichen. Davon gehen Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums aus.

Der dafür notwendige Zubau von Großwärmepumpenleistung betrüge im Schnitt pro Jahr vier Gigawatt. Um diesen Zubau zu errichen, bräuchte es allerdings einen klaren Ausbaupfad mit einer verbindlichen Wärmeplanung der Kommunen. Vor allem müssten die Preisnachteile im Vergleich zu fossilen Energieträgern abgebaut werden.

Vorbild Skandinavien

Die Agora-Experten verweisen auf das Beispiel der skandinavischen Länder. In Norwegen sorgen Großwärmepumpen für 13 Prozent der Fernwärme. In Schweden sind es acht Prozent. Doch die Rechtslage in Deutschland benachteiligt Betreiber von Großwärmepumpen gegenüber Konkurrenten mit fosssil befeuerten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. „Mit einer Reform des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes und einer Aufstockung des Förderprogramms für Wärmenetze lässt sich diese Schieflage beheben und die Wärmewende beschleunigen“, sagt Müller. Letzteres jedoch wäre dringend nötig. Schließlich macht die Wärmeerzeugung bis 200 Grad Celsius für Gebäude und Industrie über drei Viertel des deutschen Erdgasverbrauchs aus und ist für mehr als ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Mehr: Agora Energiewende

1 Kommentar

  1. Sehr interessant zu wissen, dass Großwärmepumpen diese schlummernde Energiequelle erschließen könnten. Wenn die Umgebungsluft nicht einmal inbegriffen ist, ist das höchst brisant. Die Energiewende könnte schnell vorankommen.

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