Mikrowärmenetze: Mehrere Häuser, eine Heizung

Eine bisher wenig beachtete Altenative, Wärme kosteneffizient und klimagerecht zu erzeugen, ist eine kollektive Heizung für mehrere Häuser.

Neuerbaute Reihenhaus-Siedlung im Grünen: Eine Heizung für alle
Reihenhaus-Siedlung im Grünen Gemeinsame Heizung zum Vorteil für alle Bild: Pixabay

In neuen Wohnquartieren ist das Prinzip praktisch schon Standard. Der Immobilienentwickler installiert an passender Stelle beispielsweise eine elektrische Großwärmepumpe oder ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Die gemeinsame Heizung stellt für alle Wohnungen warmes Wasser fürs Duschen und die Fußbodenheizung bereit. Abgerechnet wird nach Verbrauch, Einzelgeräte sind passé.

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Dass sich Wohnungseigentümer eine Heizung teilen, ist längst akzeptierte Praxis. Doch wäre die kollektive Lösung nicht auch für Reihen-, Doppel- und nah beieinander liegende Einzelhäuser interessant?

Gemeinsame Heizung senkt Kosten

Technisch gesehen ist die Antwort für den Saarbrücker Architekten Reinhard Schneeweiß klar – besonders für moderne, extrem gut gedämmte Niedrig- und Niedrigstenergiehäuser. Diese benötigten so wenig Wärmeenergie, sagt er, dass der Einbau separater Heizanlagen wirtschaftlich kaum mehr Sinn ergebe. Dennoch, so seine Erfahrung, stieße der Vorschlag zum Verzicht aufs eigene Gerät meist auf “blankes Entsetzen und Unverständnis”.

Es ist wohl die Angst, vom guten Willen der Nachbarn abhängig zu sein, die zurückschrecken lässt. Was wenn Streit ausbricht? Sitze ich dann im Kalten, weil ich vom gemeinsamen Mikrowärmenetz abgekappt werde. Und wie einigt man sich über notwendige Reparaturen und die Verteilung von Kosten?

Aber was, wenn es zum Streit kommt?

Das sind in der Tat schwerwiegende Einwände, die vertraglich wasserdicht gelöst sein müssen, bevor man einem Heizungskollektiv beitritt. Schneeweiß sieht drei Varianten:

  • Die Heizzentrale liegt auf einem gesonderten Grundstück und ist Eigentum des Wärmelieferanten. Das könnte die Gemeinschaft der Eigenheimbesitzer sein oder ein Dienstleister. Jedenfalls wird zwischen Lieferant und Abnehmern ein Vertrag geschlossen, in denen etwa Rechte, Pflichte und Kostenaufteilung klar geregelt sind.
  • In Variante zwei installieren die Hauseigentümer das System auf einem ihnen gemeinsam gehörenden Grundstück. Alle Details über Betrieb und Kosten regeln die Beteiligten in einer Miteigentümervereinbarung.
  • Die dritte Möglichkeit ist, die Heizung auf dem Grund und Boden eines der Hauseigentümer aufzustellen, der dadurch zugleich Lieferant wie Bezieher wird. Er muss den Mitstreitern unter anderem zusichern, den Betrieb der Anlage zu dulden und ihnen ein Zutrittsrecht gewähren. Diese Zusagen werden als sogenannte Dienstbarkeiten im Grundbuch festgehalten.

Ohne Vertrauen geht es nicht

Klingt komplex – und ist es auch. Überdies ist so gut wie kein Vertrag juristisch unangreifbar. Die Experten des Architektur- und Ingenieurblogs Allplan raten daher Interessenten, vorher genau auszuloten, ob es untereinander passt. Denn schließlich braucht man womöglich für Jahrzehnte Konsens. Eine solche Gemeinschaft sei auf Nähe und Vertrauen angewiesen, betonen die Experten die soziale Dimension solcher Projekte. Im Idealfall schweiße das kollektive Heizen zusammen. Bei Konflikten könne es aber auch “heiß hergehen”.

Die Grafik zeigt, aus welchen Gründen Immobilienbesitzer Investitionen Investitionen in Klimaschutz unterlassen
Vielen Immobilienbesitzern fehlt das Geld für Investitionen in klimaschonende Maßnahmen

Als Belohnung dafür, die Tugend des Teilens trotz solcher Risiken einzugehen, winken Kosteneinsparungen von bis zu 20 Prozent gegenüber einer Einzelheizung. Das ergeben Modellrechnungen. In Zeiten, in denen laut aktuellem Energiewendebarometer (siehe Grafik oben) der staatlichen KfW-Bank 41 Prozent der Immobilieneigentümer angeben, sich Investitionen in klimaschonende Maßnahmen nicht leisten zu können, kein zu verachtendes Argument.

Mehr: schneeweiss allplan KfW

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