Die Atomkatastrophe von Tschernobyl ist 37 Jahre vorbei. Pilzsammler sollten sich beim Genuss verschiedener Pilzarten jedoch nach wie vor zurückhalten.
37 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl können Wildpilze in Deutschland noch radioaktives Cäsium-137 enthalten. Darauf wies das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hin. “Pilze im Handel müssen den Grenzwert für radioaktives Cäsium-137 von 600 Becquerel pro Kilogramm einhalten. Wer selbst Pilze sammelt, ist nicht von diesem Grenzwert geschützt”
, erläuterte gestern BfS-Präsidentin Inge Paulini.
Betroffen sind vor allem Pilzsammler in Bayern. Im Bayrischen Wald und in den angrenzenden Gebieten wie dem Donaumoos, in den Alpen und am Alpenrand müssen Sammler damit rechnen, dass einige Pilzarten sehr hohe Cäsium-137-Werte aufweisen. Nach dem Unfall im sowjetischen Reaktor Tschernobyl im Frühjar 1986 waren diese Gebiete stärker vom radioaktiven Fallout betroffen als andere Regionen Deutschlands.
Je nach Pilzart bis zu vierhundertmal stärker belastet
Nicht alle Pilzarten sind gleichermaßen kontaminiert. Bei den Messungen des BfS in den Jahren 2020-2022 erreichten Semmelstoppelpilze und Rotbraune Semmelstoppelpilze in Einzelfällen Höchstwerte von über 4 000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Werte über 1 000 Becquerel pro Kilogramm stellte das BfS in verschiedenen Schnecklingsarten, in Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen, Gemeinen Rotfußröhrlingen, Maronenröhrlingen, Mohrenkopfmilchlingen, Ockertäublingen, Rotbraunen Scheidenstreiflingen, Violetten Lacktrichterlingen und in Ziegenlippen fest.
Bei vielen Arten hingegen blieben die Messwerte jdeoch stets unter 10 Becquerel pro Kilogramm – selbst an stark kontaminierten Standorten. Dazu gehörten unter anderem Beutelstäubling, Waldchampignon, Blauer Träuschling oder Blutroter Filzröhrling. Diese und weitere 27 Arten können aus Sicht des Strahlenschutzes bundesweit bedenkenlos in beliebiger Menge verzehrt werden.
BfS-Chefin Paulini rät Sammlern, Wildpilze aus den betroffenen Gebieten nur in Maßen zu genießen: “Letztlich ist es eine persönliche Entscheidung: Der gelegentliche Verzehr höher belasteter Pilze führt zwar nur zu einer geringen zusätzlichen Strahlendosis. Sie lässt sich aber leicht vermeiden, wenn man potenziell besonders hoch belastete Pilzarten im Wald stehen lässt.” Dem BfS zufolge erhält eine erwachsene Person, die jede Woche eine Mahlzeit aus 200 Gramm Pilzen mit 2 000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm verzehrt, pro Jahr eine zusätzliche Strahlendosis von 0,27 Millisievert. Das ist vergleichbar mit der Belastung die sich bei rund 20 Flügen von Frankfurt am Main nach Gran Canaria summiert.
Zukunft bleibt strahlend
Der Pilzbericht des BfS erscheint jährlich. Er informiert über die Belastung von 165 Pilzarten, die an ausgewählten Standorten in Süddeutschland gesammelt werden. Der Pilzbericht untersucht nur wildwachsende Pilze. Zuchtpilze wie Champignons oder Austernseilinge wachsen auf Substraten, die äußerst geringe Mengen an Cäsium-137 aufweisen.
Cäsium-137 ist ein radioaktives Isotop des Elements Cäsium. In der Natur kommt es nicht vor. Es entsteht bei der Kernspaltung, etwa bei Atomtests, Atomangriffen oder in Kernkraftwerken. Die Halbwertszeit von Cäsium-137 beträgt rund 30 Jahre. Das bedeutet, dass sich die Menge an Cäsium-137, die sich 1986 in Deutschland am Boden ablagerte, bis heute mehr als halbiert hat. Doch es werden noch viele Jahrzehnte vergehen, bis sich der Pilzbericht des BfS erübrigt.
Mehr: Bundesamt für Strahlenschutz; TAZ
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