Plastikverseuchung der Meere schlimmer als gedacht

Es gelangt zwar weniger Kunsstoff in die offene See als bislang vermutet. Doch der Müll baut sich langsamer ab. In der Summe ist die Plastikverseuchung folglich stärker als angenommen.

Plastikverseuchung am Strand Es kommt weniger Kusnstoff ins Meer als gedacht, aber er baut sich langsamer ab (Sergei Tokmakov, Esq. https://Terms.Law/Pixabay)
Plastikverseuchung am Strand Es kommt weniger Kusnstoff ins Meer als gedacht, aber er baut sich langsamer ab (Sergei Tokmakov, Esq. https://Terms.Law/Pixabay)

Bislang war die UN-Umweltbehörde UNEP davon ausgegangen, dass die jährliche Plastikzufuhr in Seen, Flüsse und Meere 19 bis 23 Millionen Tonnen betrüge. Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 2021 hatte allein für die Einträge durch Flüsse in die Weltmeere 0,8 bis 2,7 Millionen Tonnen angesetzt. Doch jetzt hat eine niederländische Studie festgestellt, dass sich die jährliche Plastikverseuchung auf “nur” 0,5 Millionen Tonnen beläuft.

So weit, so schön. Das Team um den Ozeanograph Mikael Kaandorp von der Universität Utrecht kam allerdings gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass die akkumulierte, im Meer befindliche Menge mit 3,2 Millionen Tonnen größer ist als bisher angenommen. Etwa die Hälfte davon stammt aus der Fischerei. Rund 40 Prozent kommen von den Küsten. Den Rest bringen die Flüsse ein. Rund 60 Prozent davon, rund zwei Millionen Tonnen, schwimmen auf der Meeresoberfläche.

Genaue Zahlen statt grober Schätzungen

Bislang war die Forschung davon ausgegangen, dass dies nur für 0,3 Millionen Tonnen gelte. Allerdings werden bei dieser Berechnung nur Plastik-Kategorien berücksichtigt, die zumindest eine Zeitlang auf der Oberfläche schwimmen. Sorten, die schwerer als Wasser sind und sofort absinken, wurden nicht einbezogen. Auch das Plastik, das bereits abgesunken ist und sich am Boden der Ozeane gelagert hat, wurde nicht berücksichtigt. Der Gesamteintrag ist also deutlich höher.

Plastikeintrag in die Meere pro Kopf Anders als erwartet, leben die schlimmsten Dreckspatzen nicht in den Industrieländern, sondern in den Ländern des globalen Südens (Meijer et al. 2021)

Die Arbeit des Utrechter Teams verdient besondere Beachtung, weil sie mit rund 20 000 Messwerten aus den Jahren 1980 bis 2020 arbeitet. Bislang handelte sich bei den globalen Zahlen zur Plastikverschmutzung der Meere um Schätzungen, die sich auf nur wenige empirische Zahlen stützten. Die Studie beschreibt darüber hinaus, was nach dem Eintrag der Plastikteile im Meer genau passiert. Dazu gehört zum Beispiel der Zerfall in immer kleinere Teile, das Absinken zum Meeresboden und das Anspülen an die Küsten.

Plastik-Fischerei fragwürdig

Die niederländischen Forscher schliessen aus den Ergebnissen ihrer Arbeit, dass die Plastikmenge im Meer sich erheblich langsamer abbaut, als bislang angenommen. Selbst wenn es gelänge, die Zufuhr sofort auf Null zu fahren, würde die Plastikbelastung noch lange andauern. Dies wiegt ums so schwerer, weil nach Meinung von Meeresforschern die Fischerei von Plastikmüll erhebliche Nachteile mit sich bringt. Bei Projekten wie zum Beispiel The Ocean Cleanup oder KuWert bleibt zu viel lebender Beifang auf der Strecke. Auch die mit der Plastik-Fischerei verbundenen CO2-Ausstöße sehen Meeresforscher kritisch.

Plastikverseuchung auch in der Tiefsee

Der Verseuchung durch Mikroplastik kommen die Kunststoff-Fischer ohnehin nicht bei. Inzwischen sind Mikroplastik-Partikel selbst in der Tiefsee zu finden. Untersuchungen von Proben aus dem westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Graben durch Teams des Alfred-Wegener-Instituts und der Goethe-Universität in Frankfurt hatten gezeigt, das auf dem Meeresboden selbst in Tiefen zwischen 5740 und 9450 Meter Mikroplastik-Teilchen zu finden waren. In jedem Kilogramm des untersuchten Tiefsee-Sediments hatten die Forscher zwischen 215 und 1596 Teilchen nachgewiesen.

Mehr: Frankfurter Rundschau

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