Fette Geschäfte mit Endlager für CO2

Über Jahrzehnte schädigten sie das Klima mit dem Treibhausgas. Jetzt wollen Eon und Wintershall Dea an dessen Speicherung in unterirdische Endlager verdienen.

Endlager für CO2 - Visualisierung des geplanten Errai-Speichers in Norwegen
Ab ins Endlager Visualisierung des geplanten Errai-CO2-Speichers in Norwegen Bild: Horisont Energi

Bei der Präsentation des gemeinsamen Projekts mit dem norwegischen Speicherspezialisten Horisont Energi, an dem Eon eine 25-prozentige Beteiligung hält, platzte Vorstandsmitglied Patrick Lammers fast vor Stolz. “Wir sind stolz darauf, eine Vorreiterrolle bei der industriellen CO2-Kreislaufwirtschaft einzunehmen”, verkündete er. Der Plan: Von 2027 an will Eon deutschen Zementfabriken, Chemiebetrieben und Stahlwerken abgeschiedenes Kohlendioxid abnehmen. Horisont transportiert es zu ausgeschöpften norwegischen Öl- und Gasfeldern. Dort wird es dauerhaft tief im Meeresboden in ein Endlager verpresst.

Endlager in ausgeschöpften Gas- und Ölfeldern

Kunden aus ganz Europa sollen dazu kommen. So wünscht es sich Lammers. 2030, so das Ziel, findet auf diesem Weg schon mehr als eine Million Tonnen CO2 seine letzte Ruhestätte, statt die Erde aufzuheizen. Die Menge entspricht den Emissionen von etwa einer Million Benzin-Fahrzeugen.

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Viele Jahrzehnte fuhr der Düsseldorfer Energiekonzern mit dem Verbrennen von Öl und Gas in seinen Kraftwerken immer neue Milliardengewinne ein. Für die Schädigung des Klimas brauchte er die längste Zeit keinen Euro abzuführen. Erst seit dem Start des europäischen Emissionshandels 2005 fallen jährlich steigende Strafen auf die Verschmutzung an.

Mammon vor Moral

Da wäre es doch genial, dachten sich die Manager, wenn wir künftig kräftig am Einfangen und Speichern des Klimagases verdienen könnten. Die Technik heißt auf Englisch: Carbon Capture and Storage – kurz CCS. Statt Buße leisten zu müssen, wird die Klimasünde belohnt.

Welche Preise er für die Beseitigung einer Tonne CO2 berechnen will, verrät der Eon-Vorstand noch nicht. Experten des Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) kalkulieren nach dem gegenwärtigen Stand der Technik mit Kosten von 100 bis 300 US-Dollar je Tonne. Da käme also einiges zusammen.

Die Lizenz zum Verpressen

Bei solchen Profitaussichten will auch die Hamburger Wintershall Dea, Tochtergesellschaft des Ludwigshafener Chemieriesen BASF, nicht beiseite stehen. Mammon vor Moral – dieses Motto praktizierten die Wintershall-Manager schon beim EU-Embargo gegen Präsident Wladimir Putin. Sie hielten lieber an bestehenden Geschäften fest, statt sich aus Russland zurück zu ziehen.

Anfang Oktober erwarben die Hamburger eine erste norwegische CO2-Lizenz für ein Endlager 120 Kilometer westlich der Stadt Bergen. Die Ingenieure haben ausgerechnet, dass dort Platz für jährlich mehr als fünf Millionen Tonnen Kohlendioxid ist.

“Wir wollen einen Beitrag zum Erreichen der europäischen Klimaziele leisten”

Hugo Dijkgraaf, Technikchef Wintershall Dea

Der Lizenzkauf sei ein Sprungbrett “zum ambitionierten Aufbau eines umfassenden CO2-Management-Geschäfts, betont Wintershall-Technikchef Hugo Dijkgraaf. Das Unternehmen wolle mit seinem Engagement “einen Beitrag zum Erreichen der europäischen Klimaziele leisten”, fügt er hinzu. Darf man das Hybris nennen?

Auch in Dänemark baut Wintershall seine CCS-Aktivität aus. Anfang des Monats kündigte der Öl- und Gaskonzern an, an der Nordspitze des Landes mit Partnern einen CO2-Umschlagplatz zu bauen. Dort soll schon vom kommenden Jahr an abgespaltenes CO2 aus umliegenden Groß-Biogasanlagen gesammelt und dann in Endlager verschifft werden. Rund 12,5 Millionen Tonnen pro Jahr.

CCS für den 1,5-Grad-Pfad unverzichtbar

So strittig CCS in Deutschland ist – der grüne Klimaminister Robert Habeck packt das Thema nur mit ganz spitzen Fingern an -, so klar ist dennoch, dass die Technik zur Klimarettung benötigt wird. Ohne ihren Einsatz, schreiben die Wissenschaftler der Weltklimarats IPCC in ihrem diesjährigen Report, ließe sich die Welt nicht auf den 1,5-Grad-Celsius-Pfad bringen. Eine solche Erhöhung der Durchschnittstemperatur kann die Menschheit gerade noch verschmerzen, ohne in den Abgrund zu blicken.

Robert Gross, Direktor des UK Energy Research Centers, bekräftigt die Notwendigkeit. “Wir brauchen beides: Nullemissionen und das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre.

Einfang-Techniken in der Erprobung

Die Techniken stehen prinzipiell bereit. Allerdings haben sie sich bisher zumeist erst im kleinen Maßstab bewährt. So erprobt das Schweizer Unternehmen Climeworks auf Island einen Prototypen, der jährlich 4000 Tonnen CO2 einfangen kann. Das ist jedoch bestenfalls ein Klacks, gemessen an den 40 Gigatonnen, die global jährlich ausgeglichen werden müssten.

Prominente Investoren – von Zuckerberg bis McKinsey

Am Geld wird die Skalierung und Verbesserung der Methoden voraussichtlich nicht scheitern. Denn immer mehr finanzstarke Investoren richten Fonds ein, die solche Technologien fördern. Ein Beispiel ist der 925 Millionen US-Dollar starke Frontier Fund. Zu seinen bekannten Unterstützern zählen der Softwarekonzern Stripe, die Google-Mutter Alphabet, der E-Commerce-Riese Shopify, Mark Zuckerbergs Konzern Meta und die Beratung McKinsey.

Mehr: Eon erneuerbareenergien wintershalldea IPCC guardian

Dieter Dürand

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