Gewerkschaftsboss gegen vorzeitigen Kohleausstieg

Auf dem Kongress der IG Bergbau, Chemie, Energie diese Woche in Hannover stellen die Ampel-Koalitionäre ihre Pläne zur Klima- und Energiewende vor. IG BCE-Chef Michael Vassiliades hält es für hochriskant, den Kohleausstieg einfach vorzuziehen.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE “Bei der Transformation muss es gerecht zugehen” Foto: Helge Krückeberg

Am Mittwoch wollen Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Christian Lindner den Gewerkschaftlern verraten, wie sie die “Jahrhundertaufgabe” (Scholz) einer klimaneutralen Transformation der Industrie bewerkstelligen wollen. Vassiliadis rammt schon einmal ein paar Pflöcke ein. Kein Arbeitnehmer dürfe “transformationsbedingt arbeitslos werden”, fordert der Gewerkschaftsboss zum Beispiel. Von der Unternehmen erwartet er “Standorttreue” und Investitionen in neue, gute Arbeitsplätze.

Kritik am lahmen Ausbautempo der Erneuerbaren

Besonders Baerbock muss sich auf Gegenwind gefasst machen. Das Lieblingsprojekt der Grünen, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorzuziehen, sieht Vassiliadis kritisch. Nicht weniger als die Versorgungssicherheit des Landes mit Strom stehe auf dem Spiel, warnt er. “Wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze nicht in dem erforderlichen Tempo und Umfang gelingt, bekommen wir Versorgungsprobleme, wenn wir gleichzeitig Atom- und Kohlekraftwerke abschalten.” Letztere produzieren derzeit rund ein Viertel des benötigten Stroms.

Warnung vor Blackouts

Sein Misstrauen begründet der IG BCE-Chef mit dem schleppenden Ausbautempo der Erneuerbaren. Allein für die Versorgung der chemischen Industrie würden rechnerisch 42 000 Windkraftanlagen benötigt. Am Netz seien bisher aber erst 32 000 Maschinen.

Zugleich verteidigt Vassiliades den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke. Ohne diese drohten dem Land “Blackouts”.

Widerstände aus dem Weg räumen

Das Dilemma bleibt. Ohne vorgezogenen Kohleausstieg lässt sich nicht einmal das derzeit gültige Klimaziel der Bundesregierung erreichen. Das rechnete jüngst die Berliner Denkfabrik Agora Energiewende vor. Sie fordert mindestens eine Verdreifachung der Kapazität regenerativer Energien. Die Gewerkschafter sind gespannt von Scholz, Lindner und Baerbock zu erfahren, wo das Geld für die Investitionen herkommen soll und wie die Ampel-Chefs die bisherigen Widerstände aus dem Weg räumen wollen. Seien es langwierige Planungsverfahren, lähmende Bürokratie oder Bürgerproteste.

Treibhausgas-Konzentration hoch wie nie

Die Zeit für Debatten ist vorbei, zeigen die gerade veröffentlichten Zahlen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Nie seit Beginn der Industrialisierung schwirrte mehr Kohlendioxid (CO2) in der Erdatmosphäre als heute. Die Zahl der Teilchen pro Millionen Teilchen stieg 2020 – trotz coronabedingtem Wirtschaftabschwung – auf 413,2 ppm gegenüber 410,7 ppm im Jahr zuvor.

Dagegen hilft nurmehr eines: sofortiges Handeln.

Mehr: Umwelt-Panorama IG BCE

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