Grüner mobil: Wasserstoff-Motoren und Langlebigkeit

Im Windschatten des Elektroantriebs gewinnen Wasserstoff-Motoren Auftrieb. Ein deutscher Professor verspricht ein Modell, das 50 Jahre hält.

Französisches Konzeptauto Hopium Machina mit Wasserstoff-Antrieb via Brennstoffzellen - geplanter Produktionsstart in zwei Jahren
Extravagante Limousine Hopium Machina mit Wasserstoff-Motor Konkurrenz für Tesla
Bild: Hopium

Der Hang zu Extravagantem wurde dem französischen Ex-Rennfahrer Olivier Lombard vermutlich in die Wiege gelegt. Schließlich betreibt seine Familie das weltberühmte Pariser Varieté Moulin Rouge. Doch die größte Liebe des jüngsten Siegers eines 24-Stunden-Rennens in Le Mans gilt dem Auto – allerdings in einer sehr fortschrittlichen Form. Vor zwei Jahren gründete der 32-Jährige das inzwischen an der Pariser Börse gelistete Startup Hydrogen Motive Company (HMC). Lombards ambitioniertes Ziel: Unter dem Markennamen Hopium eine pfeilschnelle Wasserstoff-Luxuslimousine anbieten und “Tesla von oben angreifen”. Die Marke von Multi-Unternehmer und Multi-Millionär Elon Musk.

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Wasserstoff-Motor mit 500 PS

Man muss allerdings schon sehr wohlhabend sein, um sich das 230 km/h schnelle und 500 PS starke Geschoss leisten zu können. Es soll mindestens 120 000 Euro kosten. Obwohl die geplante Produktionsstätte in der Normandie (Jahreskapazität: bis zu 20 000 Fahrzeuge) erst nächste Jahr entsteht und frühestens 2025 die ersten Boliden vom Band rollen, sind bereits mehr als 10 000 Exemplare vorbestellt. Auftragswert: rund 1,2 Milliarden Euro.

Nun müsste man über die Nobelmarke für die oberen Zehntausend nicht viel Aufhebens machen, hätte sie nicht einen spannenden Umweltaspekt. Sie beweist die hohe Leistungsfähigkeit eines Motorkonzepts, bei dem eine Brennstoffzelle Wasserstoff emissionsfrei in elektrische Antriebsenergie umwandelt.

1000 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp

Lombard verspricht eine Reichweite von 1000 Kilometern. Das Tanken soll nicht länger als drei Minuten dauern (siehe auch Video unten). Mit solchen Vorzügen könnten Wasserstoff-Autos doch noch eine ernst zu nehmende Alternative zu batteriebetriebenen Stromern werden. Von den hiesigen Herstellern hält allerdings – anders als die Chinesen – derzeit allein noch BMW die Wasserstoff-Technologie am Köcheln. Um sich im Pkw-Sektor durchzusetzen, muss sie allerdings erst deutlich billiger werden.

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Neue Konkurrenz für Stromer

Etwas anders sieht die Rechnung bei schweren Nutzfahrzeugen aus, wo Käufer vor allem auf Leistung, Reichweite und kurze Tankzeiten achten. Überdies spielen die künftige Wirtschaftlichkeit und politischer Druck zu sauberen Antriebslösungen eine wachsende Rolle.

Grüner Wasserstoff wird günstigster Sprit

Der kommt etwa von der EU-Kommission. Sie will die CO2-Emissionen des Schwerlastverkehrs, die seit 1990 um 29 Prozent angestiegen sind, bis 2030 um 45 Prozent senken, und bis 2040 sogar um 90 Prozent. Hinzu kommt: Experten zufolge könnten Strafabgaben auf Diesel und der CO2-Zertifikatehandel im Verkehr grünen Wasserstoff in relativer naher Zukunft zur kostengünstigsten Brennstoffalternative für Lkw und Busse machen.

Daher stößt beispielsweise der südkoreanische Vorreiter Hyundai mit seinem Wasserstoff-Lkw XCient Fuel Cell in der Logistikbranche auf wachsendes Interesse. In den Schweizer Bergen bewies eine Flotte von 47 Kraftpaketen, ausgerüstet jeweils mit einem 180-kW-Wasserstoff-Brennstoffzellensystem, in den vergangenen zwei Jahren seine Alltagstauglichkeit. Auch in Traktoren kommt Hyundais Antriebseinheit zunehmend zum Einsatz.

Übergang zu klimafreundlicher Mobilität

Aus Deutschland macht das Augsburger Unternehmen Quantron den Koreanern Konkurrenz. Speziell für den US-Markt, wo die Highways schier endlos sind, haben die Bayern einen Brennstoffzellen-Truck entwickelt, der erst nach 1360 Kilometern wieder eine Tankstelle ansteuern muss. Der US-Spediteur TMP Logistics gab vergangenen Herbst gleich 500 der Sattelzugmaschinen in Auftrag.

“Wir wollen Flottenbetreibern den Übergang zu klimafreundlicher Mobilität erleichtern“, sagt Rick Haas, Chef von Quantron US.

Hybrid aus E-Antrieb und Wasserstoff-Motor

Ebenfalls aus Deutschland wagt sich ein alter Bekannter erneut auf neues Terrain und ruft die “e.Volution” aus : Günther Schuh, Maschinenbau-Professor an der RWTH Aachen und Erfinder der Elektromobile Streetscooter und E.Go. Der Ingenieur verheiratet einen klassischen Elektroantrieb mit einem Wasserstoff-Motor, der über einen Generator die Batterie aufladen kann.

So kommt der Großraum-Hybrid namens Space, in dem es sich acht Passagiere bequem machen können, laut Schuh trotz seiner Länge von fast fünf Metern auf eine Strecke von 450 Kilometer, bevor er Wasserstoff oder Strom nachladen muss.

Das Hybrid-Auto Space, das Elektroantrieb und Wasserstoff-Motor unter einer Haube vereint, und sein Entwickler Professor Günther Schuh
Großraum-Hybrid Space, Entwickler Schuh “Das umweltfreundlichste Auto der Welt”
Bild: e.Volution GmbH

Doch der eigentliche Knüller ist noch etwas anderes. Der Ingenieur hat dem Wagen ein Austauschkonzept verpasst, das ihm die vierfache Lebensdauer heutiger Fahrzeuge bescheren soll. Dabei bleibt das Auto technisch immer auf dem aktuellen Stand.

Erst nach 50 Jahren reif für den Recyclinghof

Dazu kommt das modular aufgebaute Gefährt alle fünf Jahre in die Werkstatt, wo veraltete Komponenten, Verschleißteile und die Batterie erneuert werden, so das Konzept. Dahinter steckt die Idee einer Kreislaufwirtschaft. Erst nach 50 Jahren sei das Auto reif für den Recyclinghof, versichert Schuh. Zwischendrin könnten sogar die Farbe und das Design geändert werden.

In zwei Jahren soll eine erste Kleinserie die Aachener Werkhallen verlassen. Kaufen kann man den Space erst einmal nicht – nur mieten. Für voraussichtlich 1000 Euro im Monat. Dafür fährt man, so Schuh, “das umweltfreundlichste Auto der Welt”.

Mehr: automotorsport ecomento electrive t-online

Dieter Dürand

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