Klimaschutz: Söder setzt auf Erdwärme

Seit geraumer Zeit inszeniert sich der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder als Klimataktgeber der Union. Nach den jüngsten Flutkatastrophen kündigt er einen “Kraftakt” an – aber nur dort, wo der Widerstand im Land gering ist.

Geothermieanlage in Unterföhring bei München Wärme aus der Tiefe für mehr als 2800 Privathaushalte
Foto: Stephan Kelle 2016, https://www.geovol.de/

Wo der CDU-Kanzlerkandidat und nordrhein-westfälische Ministerpräsiden Armin Laschet trotz apokalyptischer Bilder und mehr als 170 Toten stur verkündet, die Flutkatastrophe sei nicht der Tag, “die Politik zu ändern”, schlägt sein Ex-Konkurrent Söder ganz andere Töne an, präsentiert sich als gelehriger Politiker und Mann der Tat. Im bayrischen Landtag fordert er eine größere Kraftanstrengung für den Klimaschutz, verspricht, der Freistaat werde schon 2040 statt 2045 klimaneutral sein und will dafür von 2022 an jedes Jahr ein Milliarde Euro investieren.

Inszenierung ohne Substanz

Doch was so lauttönend herüberkam, entbehrte in der Sache fast jeder Substanz. Oppositionspoliker werten die Regierungserklärung denn auch als typische “Söder-Inszenierung” und rätseln wie die Öffentlichkeit, mit welchen Maßnahmen die rettende grüne Zukunft denn schneller erreicht werden soll. Zum Beispiel will Söder die in seinem Heimatland geltende 1000-Meter-Abstandsregel zu Bebauungen nur minimal lockern, um zumindest im Staatswald ein paar Windräder mehr aufstellen zu können. Diese “Mini-Änderung” reiche keinesfalls aus, kritisieren nicht nur die Grünen.

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Große Klappe nur beim Kohleausstieg

Seine groß angekündigte Photovoltaik-Pflicht für Neubauten nahm Söder indes zurück, weil sein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern dagegen ist. Richtig in die Vollen ging der CSU-Chef nur, wo es ihm nicht weh tut: beim Kohleausstieg. Der solle schon 2030 beendet sein – acht Jahr früher als geplant. “Alles andere ist unambitioniert”. Da Bayern keine Kohle abbaut, hat Söder leicht reden.

Bayern sitzt auf einer Wärmeflasche

Alles also nur hohle Pose? Nicht ganz. In Sachen Wärmegewinnung aus tiefen Erdschichten legte sich Söder mächtig ins Zeug. Im Jahr 2050 müsse die Geothermie ein Viertel des Wärmebedarfs Bayerns decken, verlangt der Ministerpräsident. Trotz des langen Zeithorizonts noch das ambitionierteste Projekt, denn aktuell liegt der Anteil unter einem Prozent. “Ich weiß, das ist bei den meisten nicht so sexy, aber hochinteressant”, sagte Söder im Landtag. “Bayern sitzt auf einer Wärmflasche, dem Süddeutschen Molassebecken, und dieses Wärmepotential wird einfach unzureichend abgerufen.” Eine späte, aber richtige Erkenntnis.

Bürger protestieren, weil es nach Probebohrungen zu Erderschütterungen kam

Tatsächlich gehen dieser Tage und in den nächsten Monaten eine Reihe neuer Geothermieheizwerke ans bayrische Fernwärmenetz, zuletzt in Kirchstockach. Im Münchner Stadtteil Sendlingen steht die größte Anlage Europas kurz vor der Fertigstellung.

Doch die Bayern sind beileibe nicht die einzigen, die auf die saubere heiße Wärmequelle aus der Tiefe schwören. Ob in Schwerin, Aachen, Freiburg oder Karlsruhe – an vielen Orten schreiten die Planungen voran. Trotz Bürgerprotesten, weil es mitunter zu Erdbewegungen nach Probebohrungen kam.

Verspielen “feige Politiker” das Potential?

Martin Herrenknecht, Vorstandsvorsitzender des Tunnelmaschinenbauers Herrenknecht, geht alles angesichts des großen Potentials der Erdwärme auch für die Stromerzeugung viel aus langsam voran. Aus Feigheit redeten viele Politiker dem Volk nach dem Mund, wettert der 78-Jährige auf Greenspotting. Tatsächlich stagniert der Anteil der Geothermie an den Erneuerbaren in Deuschland bei 14 bis 15 Prozent, obwohl Erdwärme nahezu unbegrenzt und witterungsunabhängig zur Verfügung steht und das Klima kaum belastet.

Mehr: Merkur

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