Kohlendioxid – Vom Treibhausgas zum Wertstoff

Neuartige Materialien machen es möglich: Sie wandeln klimaschädliches Kohlendioxid zu Synthesegas, einem wichtigen Ausgangsstoff für Methanol oder Ammoniak. Wiener Forschern gelang es im Labor, die chemischen Prozesse zu beschleunigen. Wann kommt die Marktreife?

CO2-Schleuder Kohlekraftwerk Wird Kohlendioxid künftig begehrter Rohstoff (Foto: www.ceus-design.de)
CO2-Schleuder Kohlekraftwerk Wird Kohlendioxid künftig begehrter Rohstoff? (Foto: www.ceus-design.de)

Weltweit versuchen Politiker und Ingenieure den Ausstoß von Kohlendioxid zu vermindern oder durch alternative Techniken ganz zu umgehen. Doch inzwischen ist der Glaube, allein durch Vermeidung von Verbrennungsprozessen die CO2-Konzentration unterhalb einer kritischen Größe zu halten, zunehmend geschwunden. Die Klimaziele werden nach Ansicht vieler Experten nur dann erreicht, wenn das Kohlendioxid abgeschieden und endgelagert oder in neuen Produkten gebunden wird.

Kohlendioxid als Rohstoff für Syngas

Eine Methode, um letzteres zu erreichen, ist die Umwandlung von CO2 in wertvolle chemische Rohstoffe wie zum Beispiel Synthesegas. Das im Chemikerjargon Syngas genannte Gasgemisch aus Kohlenmonoxid, Wasserstoff und weiteren Gasen ist ein wichtiger Grundstoff für die Chemieindustrie. Eines der Anwendungsfelder ist die Düngemittelproduktion. Die Kunstdüngerindustrie verwendet Syngas für die Produktion von Ammoniak. Synthesegas ist aber auch zur Herstellung von Diesel oder Methanol geeignet. Methanol ist einer der bevorzugten Kraftstoffe für Brennstoffzellen.

Neue Substanzen machen’s möglich

Möglich ist die Umwandlung von CO2 in Syngas schon seit langem. Jedoch forderten die bisherigen Methoden hohe Temperaturen und hohen Druck sowie teure Katalysatoren. Unter Katalysatoren verstehen Chemiker Stoffe, die chemische Reaktionen herbeiführen oder verstärken. Ein Team der Technischen Universität Wien um den Chemiker Dogukan Apaydin und die Doktorandin Hannah Rabl verwenden statt der bisherigen Katalysatoren sogenannte MOCHAs. Die metallorganische Chalkogenolat-Verbindungen sind sowohl anorganisch wie organisch. Die Hybridsubstanz wurde bereits vor 20 Jahren entdeckt, hatte aber lange Zeit keine Anwendung gefunden. Erst die TU-Forschenden erkannten das Potential der MOCHAs als Katalysatoren für die Herstellung von Syngas.

“MOCHAs funktionieren anders als die bislang verwendeten Katalysatoren: Anstelle von Wärme wird Strom zugeführt, um den Katalysator zu aktivieren und die Umwandlung von CO2 in Synthesegas anzustoßen“, erklärt Junior Group Leader Apaydin. Die Forschenden standen allerdings vor einem Problem. Die Herstellung von MOCHAs war extrem zeitraubend und ergab ein minimales Profuktionsergebnis. Nach einer Reihe von Experienten entwickelten die Wiener Wissenschaftler eine neue Synthesemethode. Sie konnten damit die Produktmenge deutlich erhöhen und die Prozessdauer von 72 auf fünf Stunden verringern.

Umwandlung von Kohlendioxid mit wenig Energie

Erste Tests mit den neu produzierten MOCHAs zeigten, dass die katalytische Wirkung bei der Herstellung von Syngas aus CO2 zwar nur vergleichbar mit den bisher verwendenten Katalysatoren ist. Sie benötigten aber viel weniger Energie. Die Reaktion funktionierte sogar bei Raumtemperatur. Außerdem blieben die MOCHAs stabil, können also über längeren Dauer und mehrfach verwendet werden – ohne ihre Form zu verändern. Dennoch gibt es Verbesserungspotential. So ging bei Mehrfachverwendung die Leistung der Elektroden leicht zurück.

Solar-Revolution als Vorbild

Jetzt wollen die Wiener Forschenden in Langzeitexperimenten herausfinden, wie die Verbindung zwischen MOCHAs und Elektroden verbessert werden kann, um dem Leistungsrückgang vorzubeugen. „Noch befinden wir uns in einem frühen Stadium der Anwendung“, sagt Apaydin. Der Elektrochemiker vergleicht dies gern mit der Entwicklung der Solartechnik. Diese sei vor 30 Jahren deutlich aufwändiger und teurer in der Herstellung als heute gewesen. “Mit der passenden Infrastruktur und politischem Willen können aber auch MOCHAs künftig einen breiten Einsatz bei der Umwandlung von CO2 in Synthesegas finden und so ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.“

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