Befürworter schwärmen von unendlichen Ressourcen in der Tiefsee für die Energiewende. Gegner warnen vor Gefahren für das ganze Ökosystem.
Die Chefs des kanadischen Konzerns The Metals Company (TMC) hegen keinen Zweifel. Auf dem Boden der Tiefsee lägen unendliche Ressourcen für eine „grüne“ Zukunft, prahlen sie auf ihrer Internetseite. Das Objekt ihrer Begierde sind Abermillionen Manganknollen. Sie würden diese gerne von nächstem Jahr an nach oben befördern (siehe schematische Darstellung oben), um das in den Knollen enthaltene Kupfer, Nickel, Kobalt und Mangan auszubeuten. Allesamt unverzichtbare Rohstoffe für Elektroautos, Windräder und Batterien.
Raubbau an der Tiefsee
Umweltschützer und Wissenschaftler halten die Darstellung des Start-ups aus Vancouver für reichlich einseitig. Sie verweisen auf unkalkulierbare Gefahren des Bergbaus am Meeresboden, fordern zunächst dessen Erforschung und wenden sich gegen einen Raubbau an der Tiefsee. Zumal die Ozeane beispielsweise infolge von Plastikverschmutzung und Erderwärmung ohnehin schon unter großem Stress stehen.
Die Meeresbiologin Diva Amon von der University of California sieht eine doppelte Bedrohung voraus: Der Tiefsee könnte das gleiche Schicksal erleiden wie heute schon oberirdische Landstriche, die der Bergbau in leblose Mondlandschaften umpflügt. „Wir müssen erst viel mehr über das Ökosystem Tiefsee wissen, bevor wir beurteilen können, welche irreparablen Schäden entstehen können.“
In der Tiefsee leben Tausende unbekannte Tierarten
Bisher sind rund 90 Prozent der geschätzt 6000 bis 8000 Tierarten unerforscht, die die tiefe Dunkelheit in Tausenden Meter Tiefe beleben. Bekannt ist, dass auf den Manganknollen Schwämme und Korallen siedeln, die vielen anderen Arten Schutz und Nahrung bieten. Sie alle werden von den Abbaumaschinen mitaufgesaugt.
Für den Greenpeace-Meeresschutzbeauftragten Till Seidensticker ein schwer erträglicher Vorgang. „Wir zerstören wahrscheinlich Arten, die wir noch gar nicht kennengelernt haben.“
Obendrein könnte das großflächige Aufwühlen des Meeresbodens dessen Eigenschaft, große Mengen Kohlenstoff zu binden, massiv herabsetzen, warnen andere Forscher. Ein effektiver Mechanismus, vom Menschen frei gesetzte Klimagase zu binden, würde damit stark eingeschränkt.
Erstes Ringen um klare Abbau-Regeln gescheitert
Trotz der vielfältigen Gefahren ist ein erster Anlauf der Staatengemeinschaft, verbindliche Regeln für den Tiefsee-Bergbau aufzustellen, vor wenigen Tagen vorerst gescheitert. Die 36 Teilnehmer des zweiwöchigen Treffens des Rats der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) in Jamaika vertagten die Entscheidung zum Schutz des Ökosystems auf 2025.
Die Bundesregierung hat sich in dem Ringen zwar klar positioniert. Sie stuft die Tiefsee als schützenswerten Ort ein und will einen Bergbau dort ihrem Beauftragten Sebastian Unger zufolge frühestens dann unterstützen, „wenn starke Regelungen vorliegen“. Aber ob Länder wie Russland und China sich darauf einlassen werden – ziemlich fraglich. Und die größte Wirtschaftsnation, die USA, sind erst gar nicht an Bord.
Wie zumeist könnten Profit und nationale Interessen am Ende mal wieder vor Umwelt- und Klimaschutz gehen, ist zu befürchten.
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