Laut einer Greenpeace-Studie verschärft die Produktion von Fleisch- und Milchprodukten den Klimanotstand drei Mal stärker als die Bundesregierung einräumt. Im Wahlkampf spielt das Thema Tierhaltung dennoch keine Rolle.
Rettet Fleischvezicht das Klima? Ohne diesen wird es Deutschland und der EU jedenfalls nicht gelingen, wie versprochen das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten. Daran lassen sie Studienautoren der Umweltorganisation keinen Zweifel. Notwendig sei es, die Tierbestände bis 2035 zu halbieren.
Klimaschädlicher als der Verkehr
Um Druck von den Landwirten zu nehmen, verschleierten Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Brüssel den wahren Einfluss der Tierhaltung auf den CO2-Ausstoß, indem sie nur mit den direkten Emissionen rechneten. Unberücksichtigt blieben etwa die Mengen, die die Umwandlung von Naturflächen zu Weiden und Äckern für den Futtermittelanbau frei setzten. Auch die 30 Milliarden Euro, die etwa die Wasserwerke in Deutschland seit 2010 aufbringen mussten, um das Trinkwasser von tierischer Gülle und anderem Dünger zu reinigen, gehen nicht in die Bilanz ein.
Schluss mit der Schönrechnerei
Greenpeace fordert Schluss zu machen mit der Schönrechnerei. Allein 2019 habe die EU die Produktion von Fleisch und Milch erneut um 24 Millionen auf 228 Millionen Tonnen gesteigert. Das hinterlasse Spuren in der Klimabilanz: Seit 2010 erhöhte sich der Ausstoß von Treibhausgasen von 667 Millionen Tonnen auf 711 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Die Treibhausgas-Emissionen überträfen damit den Ausstoß sämtlicher Fahrzeuge in der EU, Lkw, Busse und Motorräder eingerechnet.
Die Autoren haben überschlagen, welch durchschlagenden Effekt eine Halbierung der Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten oder gar eine Reduzierung um drei Viertel auf die Emissionen haben würde. Das erste Szenario brächte eine Entlastung des Klimas um jährlich gut 355 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent; beim zweiten würden sie von 710 auf vernachlässigbare fünf Millionen Tonnen sinken (siehe Tabelle unten).
Die Umweltaktivisten stehen mit ihrer Analyse nicht allein. Erst im Juli stellte die Zukunftskommission Landwirtschaft klare Forderungen für eine klimagerechte Agrarreform auf. Zentrale Punkte: artgerechte Tierhaltung und weniger Fleischkonsum. Umso verwunderter konstatiert das Online-Portal “agrarheute”, dass die Landwirtschaft auch in der zweiten Runde des TV-Triells zur Bundestagswahl weder den Kandidaten noch der Kandidatin ums Kanzleramt ein Statement wert war.
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