Einst hieß das Konsortium „Desertec“ und wollte in der Wüste Solarstrom für Europa produzieren. Sein neues Ziel: Die Industrialisierung der Region mit grünem Wasserstoff vorantreiben. Eine zentrale Rolle fällt der StahlikoneThyssenkrupp zu.
Erst Anfang vergangener Woche verkündete der lange wirtschaftlich schwer angeschlagene Stahlkocher von der Ruhr ganz unbescheiden: Er wolle Marktführer bei Elektrolyse-Anlagen werden, die Wasser mit Hilfe elektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Und den bisherigen Platzhirschen Siemens von der Poolpositon verdrängen.
Chinesen und Saudis mit an Bord
„Wir sind dabei, unsere Fertigungskapazitäten stark zu erhöhen“, berichtete Ulf Bäumer, Technikchef bei der Konzerntochter Industrial Solutions in Indien. Von ein auf bis zu 5000 Megawatt pro Jahr.
Jetzt legen die Essener in diesem Zukunftsfeld nach. Sie steigen als strategischer Anteilseigner bei Dii Desert Energy ein – an der Seite anderer Größen wie ACWA Power aus Saudi-Arabien und State Grid aus China. Bei der Gründung 2009 verfolgte das Konsortium unsprünglich den Plan, riesige Solarkraftwerke in der Sahara zu errichten und den Strom nach Europa zu verkaufen. Damals lief das Projekt unter dem Namen Desertec,
Auch Ammoniak und E-Fuels im Visier
Die Partner zerstritten sich. Nun nimmt das umformierte Konsortium einen neuen Anlauf mit ganz anderem Fokus. Seine Akteure wollen in Nordafrika und dem Nahen Osten große Elektrolyse-Anlagen errichten, die Wasser an Ort und Stelle mit elektrischer Sonnenkraft in Wasserstoff, Ammoniak oder auch E-Fuels umwandeln. Deren „grüne Moleküle“ gelten als zentrale Bausteine einer künftigen klimaneutralen Energieversorgung und Industrieproduktion.
Spottbilliger Sonnenstrom
Anfangs, betont Thyssenkrupp-Manager Andreas Beckers, stehe die nachhaltige Entwicklung der Region im Mittelpunkt, Aber kommt die Produktion der Hoffnungsträger auf Touren, nehmen die Akteure natürlich den Weltmarkt in den Blick.
Wüstenstaaten wie Saudi-Arabien sind ein guter Standort für die Wasserstoffherstellung, weil neueste Solarkraftwerke den für die Elektrolyse benötigten Strom dort spottbillig für weniger als umgerechnet einen Eurocent liefern. Dadurch fallen die relativ hohen Umwandlungsverluste betriebswirtschaftlich wenig ins Gewicht.
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