Häuser aus Lehm sind fast so alt wie das Bauen selbst. Die heutige Architektur entdeckt die vielen Vorzüge des traditionellen Materials wieder.
So ganz war der Baustoff Lehm nie weg. Rund zwei Millionen Menschen leben noch heute in Europa und ganz besonders in Deutschland in Fachwerkhäusern, deren Holzrahmen mit Lehm verfüllt sind. Außerhalb Europas sind es gar ein Drittel der Menschheit, die sich aus dem aus Ton, Schluff, Sand und Kies bestehendem Material ein Dach über dem Kopf geschaffen haben. Doch mehr und mehr verdrängten Stahl, Beton und Kalksandsteine den bewährten naturnahen Baustoff.
Lehm ist zu fast 100 Prozent wiederverwertbar
Zu unrecht. Denn wenn es um nachhaltiges klimagerechtes Bauen geht, weist Lehm unschlagbar vorteilhafte Eigenschaften auf. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat das amtlich bestätigt.
Lehm ist zu fast 100 Prozent wiederverwertbar, schadstofffrei und erzeugt ein gutes Raumklima. Weil er im Gegensatz zu Zement nicht gebrannt, sondern lediglich getrocknet wird, verschlingt seine Herstellung 85 Prozent weniger Energie. Entsprechend winzig ist sein CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Beton. Dessen Produktion verursacht fast acht Prozent der globalen Emissionen.
Lehm mit unschlagbar guter Klimabilanz
Zeit also zum Umdenken. Und tatsächlich wächst das Interesse bei Bauherren und Architekten. Deutschland, so viel ist klar, braucht viel mehr CO2-arme Gebäude, um seine Klimaziele zu erreichen. „Dabei könnten Baustoffe aus Lehm eine wichtige Rolle spielen“, ist BAM-Experte Philipp Wiehle überzeugt.
Was mit Lehm möglich ist, erprobte zum Beispiel die Bio-Lebensmittelkette Alnatura in Darmstadt. Die zwölf Meter hohe Fassade des neuen Firmensitzes besteht komplett aus Stampflehm – einmalig in Europa. Das Ausgangsmaterial stammt aus dem Erdaushub für den neuen unterirdischen Bahnhof in Stuttgart. Ins Gemäuer eingelassen ist eine geothermische Wandheizung.
Auch ästhetisch ein Gewinn
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) lobt die ressourcenschonende Bauweise als “wegweisend” und bescheinigt dem Gebäude eine “neue Ästhetik”. Zur Belohnung zeichnete die Organisation das Unternehmen mit einem Nachhaltigkeitspreis aus.
Inzwischen entdecken auch immer mehr öko- und gesundheitsbewusste private Hausbauer Lehm als Baustoff wieder. Das berichten übereinstimmend der Dachverband Lehm und spezialisierte Bauunternehmer wie Marius Bierig in Langballig bei Flensburg. Er stellt Steine, Putze und Platten aus dem Baustoff her. Und hat damit gut zu tun. Jährlich beliefert er bis zu zehn Baustellen in der Umgebung, vor allem Einfamilienheime bis anderthalb Geschosse hoch.
Guter Schutz gegen Nässe ist wichtig
Wichtig sei es, mit dem Baustoff vertraute Handwerker zu finden, sagen alle Experten. Denn bei unsachgemäßer Verarbeitung drohen teure Schäden. Da Lehm leicht Wasser aufsaugt, müssen die Außenwände gut gegen Nässe und aufsteigende Feuchtigkeit geschützt sein. Und sie müssen gedämmt werden, um die Wärme im Haus zu halten. Interessenten finden auf Seiten wie “ökologisch bauen” wertvolle Informationen zu all diesen Aspekten.
Bauen mit Lehm muss nicht teurer sein
Künftig soll Lehm auch im Geschoss-Wohnungsbau eine Rolle spielen, berichtet Stephan Jörchel, Geschäftsführer Dachverband Lehm. Eine entsprechende DIN-Norm sei in Vorbereitung.
BAM-Experte Wiehle sieht daher für Lehmbausteine “eine große Zukunft” heraufziehen – vor allem bei Einfamilienhäusern. „Das ist genau der Markt, auf den wir abzielen“, betont er. Zumal laut Jörchel auch der Preis stimmt. “Bauen mit Lehm muss nicht teurer sein als herkömmliches Bauen”, versichert er. Dafür ist es aber viel besser für die Umwelt.
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