Energiespeicher: Günstige Wärme aus dem Kohleflöz

Für den Umstieg auf Erneuerbare werden zuverlässige Energiespeicher benötigt. Eine Idee ist, ausgediente Bergwerke als Wärmflasche zu nutzen.

Bergwerksstollen im Ruhrgebiet: Günstiger Energiespeicher von sommerlicher Abwärme für den Winter
Bergwerksstollen Günstiger Energiespeicher für die Wintermonate Bild RUB, Marquard

Tobias Licha hasst Verschwendung. Daher ärgerte sich der Professor über die riesigen Mengen Abwärme, die bei der Kühlung von Laboren und Serverräumen der Ruhr-Universität Bochum jahrein, jahraus einfach so gen Himmel rauschen. Der Schatz müsse sich doch nutzen lassen, dachte sich der Experte für Hydrogeochemie. Wäre es nicht fantastisch, die Wärme fürs Heizen im Winter aufheben zu können? In einem riesigen Energiespeicher.

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Abwärme aus der Kühlung von Servern füllt den Energiespeicher

Dafür kamen Licha und der Fraunhofer-Forscher Mathias Nehler auf eine unkonventionelle, wenn auch im Wortsinn nahe gelegene Idee.

Warum die vielen verwaisten Großbergwerke und Kleinzechen im Ruhrgebiet nicht als natürliche Wärmeflaschen verwenden? Das Prinzip dahinter: Grubenwasser wird an großen Wärmetauschern per Sonnenenergie und Abwärme aufgeheizt und zurück in die Stollen gepumpt. Tief unter der Erde hält es dort seine Temperatur. Sie kann in der kalten Jahreszeit angezapt werden, um Wohnungen, Büros und eben die Uni zu heizen.

Zerreißprobe fürs Gestein

Bevor die vom Bundesforschungsministerium geförderte Idee auf ihre großtechnische Tauglichkeit getestet werden kann, haben Licha und Nehler noch brisante Fragen zu klären. Bleibt das Gestein unter den ständigen Temperaturschwankungen stabil oder reißt es, so dass ganze Flöze zusammenbrechen könnten? Mit welchen Maßnahmen lässt sich verhindern, dass sich Algen und Bakterien im System ausbreiten?

„Wir wollen vorher genau wissen, was passieren wird“, legt Licha Wert auf Sorgfalt. Doch prinzipiell ist er von der Machbarkeit überzeugt. Im kommenden Frühjar wird es ernst. Dann wollen die Wissenschaftler erstmals warmes Wasser mit dem Energiegehalt von 34 Megawattstunden in eine Kleinzeche pumpen. Das entspricht in etwa dem Jahresbedarf eines deutschen Durchschnitt-Haushalts.

Windstrom heizt die Thermoskanne

Steckt die Technik aus Bochum noch in den Kinderschuhen, soll in Berlin ein anderer neuartiger Energiespeicher noch diese Heizperiode in Betrieb gehen. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat auf dem Gelände seines Heizkraftwerks Reuter West einen 56 Millionen Liter fassenden, hoch isolierten Warmwassertank errichtet. Er arbeitet wie eine Thermoskanne, die allerdings nie leer wird.

Doch damit nicht genug. Mit dem Speicher demonstriert Vattenfall exemplarisch, wie eine allein auf Erneuerbaren basierende Energieversorgung zuverlässig funktionieren kann. Die Schweden erhitzen das Wasser über eine Art Tauchsieder elektrisch vor allem dann, wenn preiswerter Solar- und Windstrom im Überfluss zur Verfügung steht. Auf bis zu 95 Grad Celsius. Maximal 200 Megawatt Wärmeleistung fasst der Pufferspeicher. Damit könne er auch bei großer Kälte 13 Stunden Wärme liefern, versichert der Konzern. Der Tank soll zehn Prozent der Berliner Fernwärme-Haushalte versorgen können.

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Funktionsweise eines Salzwärmespeichers

Dies soll indes nur der Anfang sein. In einer gemeinsamen Pilotanlage mit dem schwedischen Startup SaltX ersetzt Vattenfall das Wasser durch ein spezielles Salz. Es verträgt bis zu 560 Grad Celsius, kann also wesentlich mehr Wärme aufnehmen (siehe auch Video oben). Zusätzlicher Vorteil: Der entstehende Wasserdampf in solchen Hochtemperatur-Speichern kann bei Bedarf via Turbinen zurück in Strom verwandelt werden. Etwa in Stunden, wo weder die Sonne scheint, noch der Wind bläst.

Hochtemperatur-Energiespeicher statt Kohlekessel

Es ist eine Technik mit enorm viel Potential. Laut einer Studie der Denkfabrik Future Cleantech Architects aus Remscheid bei Köln könnten in Deutschland 58 fossile Kraftwerke entsprechend umgerüstet werden. Kohlekessel raus – Salzwärmespeicher rein. So entstünde eine Gesamtspeicherkapazität von 500 000 Megawattstunden. Das entspricht in etwa dem, was achteinhalb Millionen E-Auto-Batterien laden können.

Nach ihren Rekordgewinnen zuletzt hätten die Stromkonzerne genügend Geld in der Kasse, um das Experiment wuppen zu können.

Batterie-Power gegen Stromengpässe in Melbourne

Derweil wappnet sich auch Australien für die grüne Stromzukunft. Allerdings eher konventionell mit Batterien. Die Energieversorgung SEC und Equis bauen in Melbourne einen gigantischen Speicherpark auf, bestehend aus unterschiedlichen hochmodernen Batterietechnologien. Erstmals setzen sie sogenannte Flow-Akkus ein. Diese können besonders tief geladen werden und sind entsprechend ergiebig. Zwölf Stunden soll der Park die Stromnetze bei Engpässen stabil halten können.

Mehr: RUB klimareporter cleanthinking reneweconomy

Dieter Dürand

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