Die Zahl der Spermien beim Mann hat sich innerhalb von 50 Jahren halbiert. Vor allem Insektizide schädigen die Fruchtbarkeit, berichten Forscher.
Melissa Perry, Dekanin an der Gesundheitsfakultät der George Mason Universität im US-Bundesstaat Virginia, sorgt sich um nichts weniger als den Fortbestand der Menschheit. Der Grund: Eine umfassende Auswertung 25 wissenschaftlicher Studien. Im Vergleich schwimmen weltweit heute nurmehr halb so viele Spermien im Ejakulat von Männern als noch vor 50 Jahren. Und Perry hat auch einen Hauptschuldigen für die schwindende Zeugungsfähigkeit gefunden – Insektizide. Landwirte sprühen diese zum Schutz ihrer Pflanzen in großen Mengen auf ihre Felder.
Insektizide bedrohlichster Spermien-Killer
Über den Verzehr von kontaminiertem Obst und Gemüse gelangen die Insektizide in den menschlichen Organismus: Beim Mann schränken sie dann die Fähigkeit der Hodenzellen ein, Spermien zu produzieren. Für Perry ist daher klar: „Wir müssen regulatorische Maßnahmen ergreifen, um die Insektizid-Exposition zu reduzieren.“ Geschieht das nicht, schwingt als warnender Unterton mit, verschlechtert sich die Fähigkeit von Männern weiter, Kinder zu zeugen.
Vor allem zwei häufig verwendete Wirkstoffe stehen im Fadenkreuz der Kritik: Organophosphate und N-Methylcarbamate. Sie seien, berichtet Perry, extrem darauf ausgelegt, alles Lebendige zu töten – also offenbar auch Spermien. Die US-Umweltbehörde EPA hat angekündigt, den Einsatz der Chemikalien in der Landwirtschaft wegen ihrer Gefährlichkeit stärker zu begrenzen. Sie stehen überdies im Verdacht, krebserregend zu sein und die Entstehung von Autismus und Hyperaktivität zu begünstigen.
Rechte EU-Abgeordnete gegen Reduzierung von Pestiziden
Eine konservativ-liberale Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament nimmt die Risiken für Gesundheit und Artenvielfalt anscheinend weniger ernst. Erst im November vergangenen Jahres stoppte sie einen Entwurf der EU-Kommission. Er sah vor, den Einsatz als besonders gefährlich geltender Pestizide bis 2030 gegenüber dem Zeitraum 2013 bis 2017 um 65 Prozent zu reduzieren. Unter diese fallen auch Insektizide wie Organophosphate.
Die grüne EU-Abgeordnete und Fernsehköchin Sarah Wiener kritisiert die Ablehnung heftig. „Die Mehrheit stellt die Profite großer Agrarunternehmen über Gesundheit und Umwelt.“ Ähnlich verlief die Debatte innerhalb der EU beim Unkrautvernichter Glyphosat. Statt ihn wie ursprünglich geplant zu verbieten, lässt die EU-Kommission das Ackergift nun um zehn Jahre.
Auch Handys und E-Zigaretten schwächen die Manneskraft
Allerdings setzen wissenschaftlichen Studien zufolge nicht allein Insektizide der Manneskraft zu. Es gibt weitere Übertäter. Auch eine zu häufige Handynutzung wirke sich negativ auf die Zeugungsfähigkeit aus, fanden beispielsweise Forscher der Jerusalemer Hebrew Universität heraus. Ihre Kollegen an der türkischen Cumhuriyet Universität warnen zudem, allzu häufiges Paffen von E-Zigaretten mindere wegen der schädlichen Inhaltsstoffe ebenfalls die Potenz.
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