Klimarettung egal – ein SUV muss es sein

SUV fressen Ressourcen, verschärfen die Parkplatznot, sind CO2-Schleudern, zudem teuer. Den Run auf die Dickschiffe können die Nachteile nicht stoppen.

Größenvergleich SUV versus Mini beim Parkraumbedarf: Der SUV-Hype nimmt kein Ende - allen Umweltnachteilen zum Trotz
Monster versus Mini Die Zahl der SUV-Käufe steigt und steigt Bild: Pixabay

Überspülte Straßen, evakuierte Häuser, Bundeskanzler Olaf Scholz in Gummistiefeln auf Besichtigungstour der Schäden. Extremer Starkregen hat das halbe Saarland geflutet – und die Klimaexperten sind sich einig, dass solche Extremwetter als Folge der Erderwärmung häufiger und immer heftiger eintreten. Wäre es da nicht nahe liegend, statt einem SUV ein weniger umweltschädliches Auto zu kaufen?

ANZEIGE

SUV beliebt wie nie

Doch es ist wie so oft in der Klimadebatte. Das Wissen ist da, doch es hapert an der Einsicht. Stattdessen begeistern sich ständig mehr Deutsche für die aufgebockten Sportgeländewagen mit mitunter agressiver Offroad-Optik. Motto: Darf’s ein wenig mehr Blech sein.

Vergangenes Jahr war schon fast jede dritte Pkw-Neuzulassung ein Dickschiff (siehe Grafik unten). Und der Trend setzt sich laut Kraftfahrtbundesamt ungebremst fort. Auch wenig förderlich für die Umweltbilanz: Benziner und Diesel sind weiterhin weit populärer als Elektroantriebe.

Die Grafik zeigt die Zahl der jährlich neu zugelassenen SUV in Deutschland seit 2016 und ihren jeweiligen Marktanteil
Der Anteil der SUV an den Neuzulassungen steigt seit Jahren an Quelle: KBA, Grafik: Statista

Nun sind die wenigsten Menschen tumbe Ignoranten. Was verleitet sie dann dennoch zum Kauf? Der Kölner Professor für Designkonzepte an der Technischen Hochschule (TH) Köln, Paolo Tumminelli, der zur Konsumkultur forscht, hält Antworten parat:

Jüngere verbänden die SUV mit aktivem Lifestyle und Fahrspaß. Besorgte Mütter wähnten die Stadtpanzer als sicheren Beförderungsraum für sich und ihren Nachwuchs. Die Generation 50Plus schätze den bequemen Einstieg und das Gefühl, ihr SUV bringe sie überall hin.

Nicht nur umweltschädlich, auch überteuert

Für solche weichen Faktoren ohne wirklich nennenswerten Vorteil, wieTumminelli es beurteilt, seien die Käufer bereit, tief in die Tasche zu greifen. Sie kalkulierten, die Dickschiffe seien bis zu 30 Prozent schwerer als eine klassische Limousine, also dürften sie auch rund 20 Prozent teurer sein.

“Die Haltung ist pures Gold für die Hersteller”, feixt der Professor. Denn in Wirklichkeit koste die Produktion eines SUV mehr oder weniger dasselbe.

“SUV sind so ziemlich die größte Schande, die die Industrie im neuen Jahrtausend produziert hat.”

Paolo Tumminelli, Konsumforscher

Den Preis für den Marketingerfolg zahle die Umwelt, rechnet Tumminelli vor. Allein wegen des höheren Gewichts würden in Deutschland pro Jahr 750 Millionen Tonnen zusätzliche Rohstoffe eingesetzt. Die Zusatzkilos und eine schlechte Aerodynamik trieben zudem den Spritverbrauch. Und die voluminösen Karosserien raubten kostbaren Stadtraum.

Tumminellis Fazit: “SUV sind so ziemlich die größte Schande, die die Industrie im neuen Jahrtausend produziert hat.”

Nächster Sündenfall: Pick-up-Trucks

Das sieht Greenpeace ähnlich. Unter dem Strich, bilanziert die Umweltorganisation in einer Studie, verhindere der globale SUV-Hype jeden Klimafortschritt bei der individuellen Mobilität. Dies auch deshalb, weil sich nur eine Minderheit ein rein elektrisch angetriebenes Modell zulegt. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) summierte sich der globale CO2-Ausstoß von SUV im Jahr 2022 auf fast eine Milliarde Tonnen. “Das entspricht mehr als den gesamten CO2-Emissionen Deutschlands“, kritisiert Greenpeace.

Noch größer, noch schwerer: Pick-up-Trucks finden immer mehr Käufer
Neuester Hype Pick-up-Trucks mit noch mehr Hubraum Bild: Pixabay

Dabei befürchtet Konsumforscher Tumminelli, dass es eher schlimmer als besser wird. Die ökologische Vernunft weiter an Boden verliert. Denn der neueste Trend unter Normalbürgern gehe Richtung des Kaufs von Pick-up-Trucks. Seine Sorge: Greife die Politik nicht ein, würden die Menschen “irgendwann alle wie verrückt im Spaß-Lkw unterwegs sein”.

Radgrößen-Steuer als SUV-Bremse

Allein Hubraum und Emissionen reichen seiner Auffassung nach als Besteuerungsgrundlage nicht mehr aus. Die Nutzung unnötig schwerer und starker Automobile müsse zu einer angemessenen Mehrbelastung führen, fordert Tumminelli. Sein Vorschlag: Die Einführung einer Radgrößen-Steuer und eine Eintrittsgebühr für alle Stadtzentren.

Mehr: ksta ecomento

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*