E-Autos unterwegs zu laden sei teurer als Sprit zu tanken. Die Meldung sorgte für viel Wirbel und Verunsicherung. Die Realität sieht anders aus.
Was für ein medialer Aufschrei. “E-Autos unterwegs laden ist teurer als tanken”, titelte zum Beispiel “Autobild“. Wie viele andere Redaktionen hatte sich das Blatt auf die Schlagzeile über einer Pressemittteilung des rührigen Hamburger Ökostromanbieters Lichtblick gestürzt. Dass dessen Auswertung lediglich einen Spezialfall widerspiegelt, wurde dabei übersehen.
E-Autos mit insgesamt niedrigeren Verbrauchskosten
Die Ehre, das aufgedeckt zu haben, gebührt den Journalisten des Online-Portals “EFahrer“. Nach ein wenig eigener Recherche fanden sie rasch heraus: Strom unterwegs zu zapfen ist nur dann teurer als das Tanken von Diesel und Benzin, wenn der Fahrer sogenannte Ad-hoc-Tarife nutzt. Und selbst dann nur bei einzelnen Anbietern von Stromtankstellen und keinesfalls flächendeckend.
In Lichtblicks Musterrechnung zahlen E-Fahrer für eine Reichweite von 100 Kilometern 11,10 Euro an Normalladepunkten und sogar 13,11 Euro an Schnellladesäulen. Dagegen kämen etwa Besitzer eines Benziners mit sechs Litern Verbauch mit 10,38 Euro davon.
Fehlender Preisdruch mangels Wettbewerb
“Die Preise an den Tank- und Ladesäulen setzen Fehlanreize und fördern klimaschädliches Verhalten”, gibt sich Lichtblick-Chefjurist Markus Adam empört.
Eine Prise Wahrheit steckt darin, doch ganz so schlimm ist es bei weitem nicht. Mit Fakten rücken die EFahrer-Experten die Dinge zurecht.
- Unberücksichtigt blieb demnach, dass die Besitzer ihre E-Autos zu 70 Prozent daheim oder am Arbeitsplatz laden. Dort seien die Stromkosten jedoch zuletzt kräftig gefallen. Während Lichtblick den offiziellen Strom-Durchschnittspreis für 2023 von 42 Cent je Kilowattstunde (kWh) ansetzt, gäbe es Neuverträge aktuell je nach Region für 25 bis 35 Cent. Die mitunter hohen Preise an den Ladesäulen tragen mithin nur einen kleinen Teil zu den gesamten Verbrauchskosten bei.
- Vor allem aber betrifft der Vergleich nur die hohen Ad-hoc-Tarife. Viele Fahrer von Steckerautos bezahlten jedoch kostengünstiger via Ladekarte oder einen vertraglich festgelegten Preis mit einem Anbieter. Auf diese Weise umgehen sie die Höchsttarife.
Dennoch enthält die Lichtblick-Erhebung berechtigte Kritik, betonen die EFahrer-Redakteure. Vorweg der Missstand zu vieler regionaler Monopole und damit eines kaum vorhandenen Wettbewerbs an vielen Standorten. Preisdruck? Fehlanzeige. Weiteres Manko: Die Laderegularien sind zumeist recht kompliziert und immer wieder anders. Zusatzentgelte verursachen undurchsichtige Mehrkosten.
Rascher Zuwachs bei den Ladesäulen
Immerhin gibt es auch eine positive Entwicklung zu vermelden. Neuesten Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge gingen im vergangenen Jahr mehr öffentliche Ladesäulen ans Netz als jemals zuvor. Fast 33 000 kamen hinzu; der Gesamtbestand stieg auf mehr als 118 000. Somit schwindet die Sorge, mit leerer Batterie liegen zu bleiben.
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