Wärmerekorde zu Land und zu Wasser erhöhen massiv Gesundheitsrisiken. Ein Treiber ist die steigende globale Luftverschmutzung.
Im ersten Moment mag der Befund überraschen: Weder Rauchen noch Alkohol oder dreckiges Trinkwasser sind die tödlichste Gefahr für die menschliche Gesundheit. Ganz oben steht weltweit vielmehr die Luftverschmutzung – auch in Europa. Das berichten Wissenschaftler des Energy Policy Institutes an der Universität Chicago (EPIC) in einer jüngsten Studie. Die winzigen Partikel können Krebs auslösen und schädigen Herz und Lunge. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bringt 36 Prozent aller Lungenkrebserkrankungen mit den Emissionen in Verbindung. Schlaganfälle sind demnach zu 34 und Herzerkrankungen zu 27 Prozent darauf zurückzuführen.
Luftverschmutzung verursacht 34 Prozent aller Schlaganfälle
Der Dreck stammt zwar ganz überwiegend aus dem Verbrennen von Öl, Gas und Diesel in Autos, Industrieanlagen und Kraftwerken. Doch mehrere Effekte des Klimawandels verschärfen die Situation noch – allen Bemühungen zum Trotz, die Energieversorgung auf die sauberen Erneuerbaren umzustellen. Nie waren die Ozeane mit einer Oberflächentemperatur von jüngst global gemessenen 21.1 Grad Celsius wärmer. Und trotz verregnetem August trieb der Sommer die Temperaturen in Deutschland erneut auf Rekordwerte.
Längst mahnt daher die Bundesärztekammer, Klimaschutz sei zugleich Gesundheitsschutz. Und listet gleich eine ganze Latte an Gefahren durch die Erderhitzung auf: Hitzetote, Zunahme von Allergien und neuartige Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber beispielsweise.
Besonders gefährdet sind Vorerkrankte und Kinder
Besonders gefährdet sind Menschen mit Atemwegserkrankungen. Das geht aus einer gerade veröffentlichten Studie eines Forscherteams um die Kopenhagener Umweltepidemiologin Zorana Jovanovic Andersen hervor. Gleich mehrere Extremwetterereignisse, die wegen der Erwärmung laut Klimaexperten zunehmend häufiger auftreten werden, sind Gift für die Vorerkrankten.
- Hitze begünstigt vor allem in Städten die Entstehung bodennahen Ozons. Das Reizgas löst Hustenanfälle und Atembeschwerden aus. Zudem kann es Asthma und Bronchitis verstärken. Letztere mündet nicht selten in die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD.
- Auch die toxischen Rauchschwaden der vermehrt weltweit wütenden verheerenden Waldbrände belasten die Atemwege. Der Qualm kennt keine Grenzen. Er zog diesen Sommer etwa von Kanada über den Atlantik bis zu uns nach Europa.
- Anhaltende Trockenheit begünstigt Staubstürme. Der Feinstaub, beispielsweise aus Afrika, bläst nach Europa und erhöht die Luftverschmutzung.
- Verlängerte Wärmeperioden lassen Pollen inzwischen annähernd ganzjährig fliegen und peinigen Allergiker.
- Starkregen und Überschwemmungen verursachen Nässeschäden in Kellern und Wohnhäusern. Es kann sich leichter giftiger Schimmel bilden.
Neben Vorerkrankten sind Kinder stark gefährdet. Weil ihre Lungen noch nicht ausgereift sind, atmen sie zwei- bis dreimal mehr Luft ein als ein Erwachsener – und damit besonders viele Schadstoffe.
Recht auf gesunde Umwelt eingeklagt
Der Klimawandel wirke sich aber auf die Gesundheit aller aus, mahnen die Kopenhagener Forscher. Daher sei es dringend geboten, appellieren sie an die Politik, den Klimaschutz endlich entschieden voranzutreiben. Grünere Städte anzulegen, könne die Luftqualität ebenso verbessern.
Die dänische Studie liefert auch jenen Klägern weitere Munition, die ein Recht auf gesunde Umwelt und körperliche Unversehrtheit vor Gerichten einfordern. Und damit immer öfter Erfolg haben, wie jüngst im US-Bundesstaat Montana. Wegweisend dürfte ein bevorstehendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sein. Ein Gruppe junger Europäer hofft, dass die Richter gleich zwölf verklagte EU-Länder, darunter Deutschland, verurteilen, mehr für den Klimaschutz zu tun.
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